China – Tibet 2

China – Tibet Teil 2 vom 18.10 bis 28.10.2013

In Golmud bleiben wir einen Tag länger als geplant. Irgendwelche Papiere werden von Mr. Wang organisiert und der tibetische Guide, Sonam muss noch mit dem Zug von Lhasa anreisen. Ab jetzt gibt es eigentlich nur noch eine Straße, und der folgen wir Richtung Tibet. Kurz nach der Stadt der erste Checkpoint. Kennzeichen, Zulassung und Pässe hat ab jetzt immer Sonam bei sich. Checkpoint, keine Ahnung was unser Guide da mit den Polizisten zu klären hat, wir warten immer 5-15 Minuten im Mog und dann dürfen wir weiterfahren. Die Polizisten vergleichen nie die Pässe mit uns. Bis auf einmal schaut nie einer in das Fahrzeug. Checkpoint? Geschwindigkeitsbegrenzugnen gibt es hier auch, etwas andere Methode als üblich. Wir bekommen eine Zeit mitgeteilt, vor der wir nicht am nächsten Check-Point sein dürfen. Dadurch soll die Geschwindigkeit gesenkt werden… viele fahren trotzdem schnell und warten dann einfach vor dem nächsten Check-Point die Zeit ab.
Die Landschaft ist traumhaft! Noch höhere Berge und klare Luft! Nach dem Smog in den letzten Städten ein ganz ungewohnter Anblick. Wir fahren auf Hochebenen zwischen 4300 und 4700 Metern. Der vorerst höchste Pass, Dang La mit 5220 Metern ist gleichzeitig auch Übertritt nach Tibet. Und unser Unimog läuft wie ein Wiesel! Trotz der dünnen Luft fahren wir mit über 60km/h den Berg hinauf. Unser Reisepartner hat uns im Voraus prophezeit, „…bei 4100Metern versagt der Turbo und der Motor hat keine Leistung…“.Den Leistungsverlust merkt man mehr bei unseren Körpern. Schnell laufen, ein paar Meter bergauf, alles ist total anstrengend und man muss deutlich mehr schnaufen als üblich. Und wenn´s dann doch zu schnell geht fangen die Berge an sich um einen zu drehen. Jetzt bewölkt es und die ersten Schneeflocken fallen. Als wir in Nakchu morgens aus den Fenstern guggen ist alles weiß! 20 cm Neuschnee und eiskalt! Erstmal den ganzen Schnee vom Fahrzeug schaufeln und die Scheibe freikratzen. Bei den kalten Temperaturen bekommt unser Fahrzeug zum Aufwärmen immer einen Liter kochendes Wasser über das Bremsventil. Stefan hat zwar noch zwei O-Ring Dichtungen getauscht, jedoch ohne Erfolg. Das Ventil ist im kalten Zustand immer noch undicht.
Die Straße führt uns weiter auf der Hochebene. Der Schnee der letzten Nacht ist teilweise auf der Straße festgefroren, das reinste Glatteis! Schrittgeschwindigkeit fahren. Der erste LKW steht schon total schepps am Straßenrand. Der Fahrer buddelt ein wenig mit der Schaufel. Sieht aussichtslos aus. Also noch vorsichtiger fahren bis die Straße wieder eisfrei wird. Dann wieder genialstes Wetter, die Landschaft mit einem weißen Überzug versehen, die Yaks kämpfen sich durch den Schnee. Bis es wieder schneit und wir hinter wartenden Fahrzeugen anhalten müssen. 30-40cm Neuschnee. Es sind vermutlich ein, zwei oder gar drei LKW´s an einer Steigung hängen geblieben. Die Straße ist gesperrt. Unser Local-Guide meint: ein paar Stunden oder einen Tag… OK. Zeit zum leckeren Cappuccino zubereiten und genießen, fotografieren und dem Treiben zusehen. Erstaunlich schnell, nach einer Stunde, fahren wir wieder. Bis ein kleiner LKW direkt vor uns seitlich in den Graben rutscht! Besser als gegen RAVTY, der davor fuhr. Also war die Straße wieder gesperrt. Die Jungs waren aber schon gut vorbereitet und hatten einen Abschleppgurt parat und so konnten wir das andere Fahrzeug schnell auf die Straße ziehen. Und dann, schnell vorbei, nicht das die nochmal die Straße blockieren! Kurz darauf kommt die Sonne raus und ich kann die Fahrt wieder genießen. In Lhasa angekommen ist es total warm, im Vergleich zum Hochland.

Lhasa dürfen wir uns am ersten Tag alleine anschauen. Unser Local-Guide hat sich selber frei genommen. Die Old-Town besteht aus unzähligen, kleinen verwinkelten Gässchen. Unten sind kleine Läden in denen alles mögliche verkauft wird. Obst, Gemüse, Fleisch und Haushaltswaren. Kommt man weiter Richtung „Jokhang Tempel“ wird es deutlich touristischer. Überall werden Gebetsfahnen, Gebetsmühlen, Gebetsketten und sonstige unverzichtbare Gebetsutensilien verkauft. Zwischendurch auch die aus China bekannten „The North Fake“ Shops.
Zusammen mit dem Guide besichtigen wir am nächsten Morgen den Portala Palast und den Jokhang Tempel. Sonem hat sehr viel zu den einzelnen Buddhas und Lamas erzählt. Für das Mittagessen hat er einen total guten Tipp. Ganz toll und dort essen auch Einheimische..!!! Auf der Dachterrasse des Restaurants sitzen nur Touristen die wir auch beim Palast schon gesehen haben. Die Gerichte sind drei mal so teuer wie üblich. Und Sonem setzt sich mit einer Gruppe von Guides und Köchen zusammen… Alles klar, hier sind seine Kumpels und er bekommt vielleicht eine „Prämie“? Wir stehen auf und gehen. Worauf Sonem stinksauer ist.
Am Abend gehen wir mit Mr. Wang, der uns in Lhasa verlässt zum Abschied „Hot-Pot“-essen. Sehr interessant, neben Fisch, Gemüse, Fleisch und Tofu gab es Yakmagen, Entendarm, Schweinehirne und anderes komisches Zeugs. Uuuuuuuu.
Meinem Bauch geht es überraschenderweise wieder gut! Das waren sicher die 100 Kügelchen morgens und abends 🙂
Für den nächsten Tag ändern wir unser Programm leicht und eine Übernachtung in Lhasa fällt weg. Nach der Besichtigung eines wunderschön am Berg gelegenen Klosters möchten wir noch weiter fahren, um am darauffolgenden Tag mehr Zeit am Yamdrok Yumtso See zu verbringen. Sonem weigert sich. Spätestens ab jetzt ist das Verhältnis angespannt. Er versucht uns zu erpressen indem er die Everest-Base-Camp Besichtigung streichen würde. Wir vermuten auch die Hintergründe: Sonem möchte entweder zu Hause in Lhasa bei seiner Familie übernachten, oder nur in guten Hotels, in denen auch seine Guide-Bekannten übernachten.

Sonem ist ein Langschläfer und so greifen wir zu drastischen Mitteln (auch für uns) und starten sehr früh um 6:30Uhr (Sonnenaufgang 7:40). Der Guide ist an diesem Tag gar nicht gut drauf. Uns egal. Ich darf glücklicherweise während der Fahrt weiterschalfen. Vom „Kamba La“ Pass mit 4800 Meter genießen wir einen genialen Blick auf den Yamdrok Yumtso See. Im Hintergurnd der über 7000 Meter hohe „Kara La“! Am See stehen Yaks, die als Fotomotiv herhalten dürfen. Hier verbringen wir viel Zeit, genießen die Aussicht bei Cappuccino.

Die Frage ob wir nun bis zum Kloster Rongbuk, Everest-Base-Camp oder gar nicht dort hin fahren dürfen blieb lange offen. Vor ein paar Tagen hatte eine Lawine den Weg verschüttet, so die Nachricht. Letztendlich hat der Guide alle Permit´s organisiert und wir durften die 100km lange Schotterpiste fahren. Wieder Polizei/Militärkontrollen. Der erste Abschnitt geht in unzähligen Serpentinen bergauf. Die Sonne steht tief am Nachmittag und so fahren wir auf eine Anhöhe von 5280Meter. Der höchste Punkt der Reise! Vermutlich werden wir auch später nie auf einem höheren Punkt stehen. Das Panaorama und die Fernsicht ist noch schöner als alle Bisherigen. Mt. Everest, Mt. Lhotse, Mt. Makalu, Mt. Cho Oyu, Mt. XiXiaBangMa, alle über 8000 Meter. Stefan macht unzählige Fotos und wechselt, wie so oft, alle Objektive durch.
Nach etlicher Verhandlungsarbeit mit dem Guide konnte Niko ausmachen, dass wir an diesem Platz übernachten dürfen und so Sonnenunter- und Aufgang erleben. Das einzige mal in Tibet das wir nicht vor einem Hotel stehen.
An einem Militärposten wurde uns erklärt, wir können bis zum Base-Camp fahren. In der Ortschaft Rongbuk, 4km vor dem eigentlichen Ziel, war erst mal Ende. Ein Mann, möglicherweise der Restaurantbesitzer hat eine Schnur über die Straße gespannt. Wir parken etwas oberhalb und klappen unser Terrassenfenster auf. Nudelsüppchen und Everest Blick. Was will man mehr? Richtig, Stefan und sein Cappuccino. Nachmittags machen wir noch einen kleinen Spaziergang und stellen mal wieder fest: Ganz schön anstrengend!
Niko verhandelte wieder mit dem Guide und Straßenbewacher und so durften wir am nächsten Morgen für eine halbe Stunde zum Basecamp fahren. Dort angekommen, gibt’s nix zu sehen. Ein verlassener Platz, ein paar kniehohe Steinmauern, ein bisschen Müll, das wars. Foto Foto Foto und zurück.
Da hatten wir echt Glück, die Berge ohne ein Wölkchen bewundern zu können.

Die letzte Etappe führt uns über 80 km Schotterpiste durch traumhafte Landschaft auf die Hauptstraße zurück. Einem letzten verschneiten Pass mit 5100 Metern und über den Friendship Highway zur nepalesischen Grenze. Das letzte mal sehen wir das Himalaya-Massiv. Klarer blauer Himmel und die höchsten Berge der Erde! Überwältigend! Der Friendship Highway schlängelt sich steil bergab. Es beginnt das erste mal seit Wochen zu regnen. Es wird immer grüner, hier wachsen wieder Sträucher und Bäume. In Tibet war alles Geröllwüste. Innerhalb kürzester Zeit befinden wir uns in einer anderen Welt. Es wachsen Bananenstauden und Affen klettern die Stromleitungen entlang. Der Grenzort Zhangmu ist komplett in den Hang gebaut. Es gibt nur eine Straße die in engen Serpentinen die Stadt bildet. LKW´s fahren auf und ab, die kleinen Taxis wenden auf der einspurigen Straße. Kommt ein Auto entgegen muss Stefan irgendwie ausweichen und oft sind nur wenige Zentimeter Luft. Für die letzten Yuan gehen wir noch einmal richtig schön essen: Umgerechnet 1 Euro und es schmeckt lecker. Die letzte Nacht verbringen wir kurz vor dem chinesischen Zollgebäude. Hier wurden wir mitten in der Nacht angefahren, auf jeden Fall hat es mal kräftig an der Wohnkabine gewackelt… Stefan ist gleich rausgehüpft und hat geschaut was los ist. Die Leute wollten schon weiter fahren. Sie behaupten, dass sie nicht dran gekommen wären. Die Delle an ihrem Kofferraumdeckel sagt da was anderes. Beim Unimog sieht man fast nix. Die Straße ist halt doch recht eng zum Wenden.
Bei der Ausreise stellt Sonam fest, dass ihm wichtige Dokumente fehlen. Also machen wir einen weiteren Stadtbummel und genießen das bunte Treiben im Grenzort. Mit den richtigen Papieren fahren wir die letzten Meter bis kurz vor die Friendship-Bridge. Unsere Ausreise in den Pässen geht sehr zügig, da wir an den Warenträgern vorbei dürfen. LKW´s dürfen die Grenze nur leer überqueren, so erklärt man uns. Dafür werden diese kurz vorher entladen, die Waren von Trägern über die Brücke getragen und hinter der Grenze wieder in die LKW´s eingeladen. Macht nicht wirklich Sinn und die Träger haben bestimmt alle „Rücken!“. Es fehlen doch noch Papiere, also nochmals warten. Wir können den chinesischen Polizisten ewig beim Arbeiten zusehen (die haben unter anderem eine Stunde lang versucht einen Sonnenschirm zusammen zu basteln). Nach einem kurzen Fahrzeugcheck verlassen wir nach ein paar Stunden Wartezeit China. Auf der Mitte der Brücke eine rote Linie, die die Grenze symbolisiert. Und direkt davor der letzte chinesische Soldat. Die Uhren werden um 2Stunden und 15Minuten zurück gestellt und es geht in Nepal weiter…

China war interessant. Einerseits das Landleben, hier wird so viel Handarbeit gemacht wo anderorts Maschinen eingesetzt werden.  Andererseits die riesigen Städte, wobei die meisten für China „klein“ waren. Für uns jedoch riesig! Ein extremer Bauboom ist zu erkennen, überall schießen Hochhäuser aus dem Boden, 6-Spurige Straßen werden aus dem Nichts gebaut. Daneben hängen große Werbeplakate mit grüner Wiese, glücklicher Familie, Hochhaus und den Bergen im Hintergrund. Kulinarisch ist China nach unserer Zeit in Russland und der Mongolei ein Traum. Es gibt alles! Man kann gut und günstig Essen gehen. Die Straßenküchen sind einfach lecker. Chinesen sprechen nicht mal ansatzweise englisch – vielleicht ist dafür der von der Regierung vorgeschriebene Guide gedacht? 🙂 Mr. Wang war in unseren Augen sehr professionell. Ok, er hätte weniger Knoblauch essen können. Sonst hat er sich aber immer um unser Wohl gekümmert. Sehenswürdigkeiten gibt es in China viele. Wobei die Eintrittspreispolitik nicht nachvollziehbar ist. Für 90% der Einheimischen unerschwinglich hat unser Guide erklärt.
Tibet war landschaftlich bis jetzt ein Highlight. Nach den Tagen im chinesischen Smog war die klare Luft in der Höhe sehr angenehm. In Tibet haben wir übrigens den zweiten Unimog auf unserer Reise gesehen.
Insgesamt haben wir in den 30 Tagen ca. 7000 km zurückgelegt.
Jetzt genießen wir wieder die Freiheit alleine zu reisen! Free Tibet – Free Mogmog 🙂