Indien
vom 25.11.2013 bis 10.02.2014
Und wieder eine Grenze, die so gar nicht nach „einer Linie“ zwischen zwei Ländern mit geregelter Grenzabfertigung aussieht. Ein Torbogen mit „Welcome to India“ aber weit und breit nur bunte Shops die Haushaltsgegenstände, Klamotten, Stoffe, Handys und allerlei Kriemskrams verkaufen. Aber irgendwo müssen wir doch unsere Pässe und Carnet de Passage stempeln lassen? Zwischen den vielen Schildern der Shops entdecken wir etwas mit „Customs Office“. Innen totale Begeisterung bei Stefan, ein Büro ganz ohne Computer! Manuelle Datenverarbeitung. Auf den Schreibtischen liegen riesige, dicke Bücher! DIN-A3 oder DIN-A2. Um die Daten unseres Carnet de Passage aufzunehmen wurde aus einem Regal ein ebenso großes und verstaubtes Buch geholt. Die vorhergehende Seite war vollgeschrieben und so musste auf der folgenden eine neue Tabelle angelegt werden. Schön mit Lineal und Stift… Hat alles ewig gedauert, war aber schön zuzusehen. Kennzeichen und Fahrgestellnummer wurden „überprüft“, das war’s. Ein paar Meter weiter auf der anderen Straßenseite befindet sich das „Immigration Office“. Das einzige Problem für Stefan ist, sich die penetranten Geldwechsler vom Hals zu halten.
Jetzt sind wir in Indien! Im Land der heiligen Kühe! Weiter geht es im Linksverkehr. Auf den Straßen liegen oder stehen tatsächlich viele Kühe. Jetzt bloß nicht mehr anschubsen, so wie in Nepal, Stefan! Die Straßen sind nun auch mit Auto-Rikschas verstopft. Die kleinen Dreiräder versuchen sich überall durchzuschlängeln. Zum Glück ist unsere Drucklufthupe schön laut! Was allerdings ziemlich nervig ist, dass andere auch laute Hupen haben und diese im Dauereinsatz sind. Sei es um zu grüßen, zu sagen ich überhole gleich, ich will abbiegen oder einfach nur ich will euch meine tolle Hupe hören lassen.
Das Land ist flach (nur noch 60 Meter über dem Meeresspiegel) und alles bewirtschaftet, so finden wir oft keinen „A – Stellplatz“ und stehen auf einer Wiese neben der Straße. Aber Achtung! Tretmienengefahr! Alles ist, vermutlich von menschlichen Hinterlassenschaften, vermient! Igitt!
Wir wollen nach Varanasi, der heiligen Stadt am Ganges. Doch die Strecke dort hin ist abartig! Schlaglöcher, Schlaglöcher und nochmals Schlaglöcher. LKW´s und Busse die einem auf der eigenen Spur entgegenkommen, Tucktucks, Kühe, Fahrradfahrer, Fußgänger und was sich noch so alles bewegen kann ist auf den Straßen. In den Dörfer spielt sich das Leben natürlich nicht nur neben, sondern auch auf der Straße ab. Das reinste Slalomfahren. In der Stadt angekommen wollen wir die Umfahrung nehmen, aber hier eine Höhenbegrenzung. Stefan misst zwar nochmal nach, aber unser Mog ist zu hoch und so müssen wir quer durch die Stadt. Feindkontakt mit anderen Verkehrsteilnehmern nicht ausgeschlossen! Gegen Mittag finden wir einen „exklusiven“ Stellplatz bei Rohit im Garten, nicht weit der „Ghat’s“ entfernt. Dorthin können wir ganz bequem mit unseren Radl fahren und das bunte Treiben beobachten. Ein Ghat sind die Stufen, die hinab zum Ganges Fluss führen. Wichtige Badestellen für rituelle Waschungen der Hindus, oder für Verbrennungen der verstorbenen Gläubigen. Das wird uns auf einmal bewusst, als wir an so einem Feuer vorbei laufen. Ein komisches Gefühl, einen menschlichen Körper verbrennen zu sehen. In Varanasi zu sterben und verbrannt zu werden, ist der hinduistischen Mythologie zufolge, der Ausbruch aus dem ständigen Kreislauf der Wiedergeburt. Nebenan lassen Kinder Drachen steigen und gläubige nehmen ein Bad im Ganges, welches von Sünden reinigen soll. Bei einer kleinen Bootsfahrt, wo wir den Ruderer immer wieder an seine Hauptaufgabe, das Rudern, erinnern müssen hat man am Morgen den besten Blick auf die Ghats. Oberhalb der Treppen befinden sich schöne, aus verschiedensten Baustielen errichtet Gebäude, Tempel und Paläste. Dazwischen fliegen kleine grüne Papageien und Affen springen von Haus zu Haus.
Die Strecke von Varanasi nach Agra, ein Traum verglichen zur vorherigen Strecke. Wir fahren auf einem „National Highway“ und das hat auch seinen Preis. Diese Straßen sind autobahnähnlich und mautpflichtig. Im Abstand von 20-70km kommt eine Mautstation. Und jedes mal Diskussionen wie viel wir zahlen müssen. OK, für einen PKW sind wir vielleicht doch ein bisschen zu groß. Aber als 6-achsiger Riesen-LKW zu zahlen sehen wir natürlich nicht ein. Die Mautkassierer deuten auf unsere Reifen und meinen wir sind kein LCV (Light Commercial Vehicle) oder Minibus… Wenn das bombardieren mit vorherigen Mautzettel nicht hilft muss eben der Manager kommen. Ach ja, die Definition für LCV ist übrigens das Gewicht von maximal 7500kg. Wir haben ja 7490kg der internationale Fahrzeugschein hilft meist und so sparen wir uns viele Rupien, da wir sonst das doppelte zahlen müssten.
Trotz gut ausgebauten Straßen mit getrennten Fahrspuren muss man doch immer mit Geisterfahrern rechnen. Wozu manche Inder auf ihren Motorrädern Helme tragen ist uns auch nicht wirklich klar, da die Verschlüsse immer offen bleiben. Und regnen tuts hier ja auch nicht. Auf so ein Moped passen übrigens locker drei Erwachsene und zwei Kinder! Wahlweise auch ein Fahrer und drei Gasflaschen oder zwei Personen und ein Kälbchen. Alles ist möglich.
Einen ruhigen Stellplatz in Agra finden wir schnell. Parallel zum offiziellen Parkplatz des Taj Mahal am Rande einer kleinen Straße. So ganz ruhig ist es doch nicht. Es ertönen öfter mal Mantra Gesänge von Männern die immer lauter werden. Wir befinden uns auf dem Weg zu einem Verbrennungsplatz und hier werden bis spät in die Nacht aufgebahrte Leichen an uns vorbei getragen… Wir erkunden die Gegend um das Taj Mahal und besorgen uns schon einmal Eintrittskarten um am Morgen bei den ersten Besuchern dabei zu sein 😉 Hier herrscht Rassentrennung: getrennte Schalter für Männer, Frauen, und Ausländer. Inder zahlen 20 Rupien (0,24€), Ausländer 750 Rupien (8,93€)! OK, als Ausländer bekommt man eine kleine Flasche Wasser und darf die kürzeren Wege nehmen.
Vor dem 1648 erbauten Mausoleum von Großmogul Shah Jahan zum Gedenken an seine verstorbene große Liebe Mumtaz Mahal stehen wir noch im Morgennebel. Das Gebäude ist beeindruckend und wunderschön. So früh sind noch nicht viele Leute unterwegs und so können wir schöne Fotos machen. Nachmittags haben wir uns noch das gigantische „Agra Fort“ angeschaut und sind am nächsten Tag weiter gefahren.
Wir haben vorerst genug von Indien und wollen eigentlich nur noch ans Meer, nach Goa. Es sind gute 2000km die wir ohne große Zwischenstopps abspulen. Naja, Stopps machen wir schon, einkaufen zum Beispiel. Auf den vielen kleinen Märkten gibt es allerlei interessante Gewürze, Früchte und Obst. Die Märkte sind sind farbenfroh und bieten frische Lebensmittel. Auch die Imbisse am Straßenrand bieten super leckeres Essen! Das Einkaufen macht aber nicht immer Spaß, bzw. wird es des öfteren einfach nervig. Mittlerweile kennen wir eben die Preise für Obst und Gemüse. Fragt man am Marktstand wird einem oft ein viel zu hoher Preis angeboten. Geht man zum nächsten schreien sich die Verkäufer gegenseitig die Preise zu. Oft wird nach oben hin korrigiert. Oder eine Menschenmenge umzingelt einen beim Einkaufen und erklärt vermutlich dem Verkäufer „…hey verlange einfach mehr, ist doch ein Touri…“, natürlich auf Hindi. So freuen wir uns um so mehr, als wir in Indore unseren ersten Supermarkt entdecken! Wir kaufen ein! Wir genießen es in Ruhe den Einkaufswagen zu befüllen. Stefan entdeckt auch noch das, wovon er seit Wochen geträumt hat: einen Stabmixer! Jetzt können wir uns selbst Bananen- oder Papayalassi (Frucht mit Joghurt) mixen. Wir entdecken ein „Cafe Coffe Day“ (ähnlich wie Mc Cafe). Dort gibt es den schokoladigsten Schokokuchen und einen leckeren Cappuccino. Die Welt ist wieder in Ordnung 🙂
Kurz vor dem Meer wird die monotone Landschaft hügelig. Wir durchqueren Dschungelland. Es ist toll, grün und waldig. Wir kommen auch durch ein Zuckerrohranbaugebiet, wo am Straßenrand frisch gepresster Zuckersaft angeboten wird, hmmmmm.
Und dann ist es so weit, wir haben das Meer erreicht!!!
Am Tarkarli Beach können wir im Indischen Ozean baden! Das erste mal Meer seit Estland, wobei die Ostsee deutlich kälter war. Der feine Sandstrand ist Kilometer lang und so gut wie menschenleer. Nur ein paar Fischer die morgens ihre Netze sortieren. Die wenigen indischen Badegäste sind voll bekleidet! Wir machen erstmal einen Spaziergang, sammeln Kokosnüsse und Muscheln, haben sogar ein Krokodilskelet entdeckt.
Wir sind noch im Bezirk Maharashtra. Mit der Überquerung nach Goa ändert sich Einiges. Die Gebäude sind anders, westlicher. Kirchen mit Kreuzen und Heiligenfiguren am Straßenrand. Das hier sehr viele Christen leben sieht man auch an der weihnachtlichen Dekoration! Lebensgroße Weihnachts- und Schneemänner, bunt blinkende Lichterketten und Krippen vor den Häusern passen für uns im ersten Moment nicht hier her. Goa war bis 1961 portugiesische Kolonie, und das spürt man. Immer wieder sehen wir alte, teils verfallene Villen.
Im Hippi-Ort Anjuna angekommen, nochmal ein anderes Bild. Uns kommen viele westliche Leute auf der Straße entgegen, Mädels in kurzen Hosen und knappen Tops. Auch die Einheimischen nehmen es nicht so ernst mit der strengen Kleiderordnung. Das passt so garnicht zu dem Bild, dass wir bisher von Indien haben. Außerhalb Goa´s sahen wir keine kurzen Hosen oder schulterfreien Oberteile.
Jippi, auch wir können uns endlich wieder dem Wetter angepasst kleiden. Es hat über 30°C!
In Anjuna treffen wir Anne, Simon und Noah Willi wieder, die wir schon von der Mongolei kennen. Jetzt lernen wir auch den kleinen Finn Goan kennen, der sich in der Mongolei noch in Mami´s Bauch versteckt hat. Sie zeigen uns den Ort, den Strand und die besten Cafés. Bei Pancakes, Lassis und Fruchtshakes quatschen wir und genießen das Hier und Jetzt.
Uns zieht es nach einer Woche jedoch weiter, wir wollen nach Agonda, zu dem „weltbekannten“ Overlander Platz! Liest man einen Reiseblog über Indien, Agonda kommt fast überall vor. Das Dorf befindet sich im südlichen Goa. Am Ende des Strandes, der „Last Corner“, stehen bereits drei Fahrzeuge. Eigentlich hatten wir deutlich mehr erwartet. In manchen Berichten war von über 20 Fahrzeugen und „Parken in zweiter Reihe ohne Meerblick“ zu lesen. Wir haben freie Platzwahl und stellen uns in den Schatten der Palmen. Direkt am feinen Sandstrand mit Blick aufs Meer. Ideal zum in der Hängematte chillen und grillen. Vorzelt, Campingstühle und Tisch aufgebaut, hier lässt es sich definitiv länger aushalten. Neben uns eine spanische Familie mit einem Wohnmobil, Jen und Peter mit einem UNIMOG, sowie Manu und Heiko mit ihrem Mercedes-James. Letztere aus Bayern und Franken 🙂
Agonda ist weniger touristisch und ruhig. Momentan mögen wir es so. Neben Restaurants und Cafés im Dorf gibt es im 10km entfernten Chauri jeden Samstag einen wunderschönen bunten Markt und eine Fischhalle. Walter, ein reiseerfahrener Herr aus Österreich macht mit uns kurzerhand eine Radltour und zeigt uns den Markt und die Umgebung. Am Markt sitzen die Frauen auf den Tischen und preisen den Fang ihrer Männer an. Hier macht das feilschen und einkaufen Spaß! Unsere Favoriten: Haifisch und King-Prawns (Riesengarnelen)! So kann man Weihnachten unter Palmen feiern. Glühwein darf an Heilig Abend natürlich nicht fehlen für die weihnachtliche Stimmung.
Kurzentschlossen hat sich Chris entschieden uns über Silvester zu besuchen. Zusammen verbringen wir noch ein paar Tage am Strand mit Palmenwedel-Kricket und „Aldi-Cruiser-Surfen“! Mit dem Gummiboot auf der Welle reiten, funktioniert!
Kurz vor Silvester wird es voll in unserer fast deutschen „Reihenhaussiedlung“. Sie wird ergänzt von Helen und Jens (Toyota Landcruiser), die wir aus Nepal kennen und Armin (Toyota Landcruiser). Es kommen noch zwei Rießenfahrzeuge dazu, ein holländisch/australischer Mercedes-Truck und ein zweistöckiges, französisches „Hochhaus“, ein MAN KAT 1!
Am Morgen des 31ten Dezembers geht es Stefan nicht so gut. Erst hab ich es auf den recht „feucht-fröhlichen“ Abend zuvor geschoben an dem wir mit Helen und Jens lecker gekocht, gegessen und getrunken haben. Da er aber Fieber hat und sich den ganzen Tag schlapp fühlt entschließen wir uns, aufgrund einer möglichen Denguefieber oder Malaria Infektion doch zum Arzt zu gehen. Die Blutprobe kann erst am nächsten Tag genommen werden… also heißt es für Stefan an Silvester, nüchtern bleiben.
Zusammen mit der deutschen Reihenhausfraktion wird gemeinsam Haifisch, Tintenfisch und viele verschiedene Salate verspeist und auf das Neue Jahr angestoßen.
Im neuen Jahr, pünktlich um 8 Uhr lässt Stefan eine Blutprobe nehmen. Vier Stunden später zum Glück Entwarnung, Dengue, Malaria und Schwangerschaft negativ. Puuh! (nach drei Tagen Fieber war auch alles wieder gut). Nach zwei schönen Wochen in Agonda siedeln wir wieder in den Norden Goas um. Chris und Stefan machen am Morjim-Beach einen Kite-Surf-Kurs. Nach zwei Tagen „über den Sand ziehen lassen“ dürfen sie endlich mit dem Kite-Schirm in`s Wasser. Vorerst noch ohne Brett, später dann mit und sie surfen die ersten Meter. Wir besuchen noch den Markt in Mapusa und fahren dann zum Flughafen. Die Zeit ist wie im Fluge vergangen und Chris muss leider wieder zurück. Danke für den schönen Besuch! Und natürlich die leckeren Mitbringsel!
Wir verbringen noch ein paar faule Tage in Anjuna und Ashvem bevor es weiter geht. Nach einem Monat Goa sind wir wieder auf Achse.
Das warme Wetter, die Strände, das Meer, die kitschigen Sonnenuntergänge und der Austausch mit anderen Reisenden waren schon richtig schön!
Entlang der Küste, in einem großen Bogen um Mumbay, fahren wir nach Norden ins Landesinnere. Das erste Mal seit der Einreise nach Nepal vor drei Monaten regnet es. Autowäsche for free! Kurz vor Udaipur auf dem Highway wird der Regen uns allerdings zum Verhängnis. Ein LKW vor uns bremst abrupt (das die Bremslichter nicht funktionieren ist hier normal) und bleibt stehen. Stefan steigt voll in die Eisen und wir rutschen. Unser armer Mogmog schubst den Indischen-LKW vor uns leicht an. Autsch!!! Der heiß geliebte Schraubstock ist futsch und die Seilwinde hat einen Treffer bekommen 🙁 Oh man, zum Glück ist nicht mehr passiert. Und dem doofen InderLKW? Da sieht man fast nix , der war vorher schon voll verbeult! Großes Trara, auf einmal mindestens 30 Leute um uns versammelt. Irgendeiner schreit was von 500 Rupien, Stefan schreit „Nix gibt’s!“ und auf das einigt er sich dann auch mit dem LKW-Fahrer. Nachdem alle Schubladen wieder eingeräumt und der Schock verdaut waren fuhren wir die restlichen Kilometer nach Udaipur.
Am Abend machen wir noch eine Bootsfahrt auf dem „Lake Pichola“ (auch hier: Ausländer zahlen das Doppelte). Vom Wasser aus sieht man den beeindruckend beleuchteten City Palace und das Lake Palace Hotel. Dies war auch ein Drehort in einem alten James Bond Film (Octopussy). Der City Palace war jedoch aufgrund einer Hochzeit in der Rajasthani Königsfamilie geschlossen. Das Brautpaar fuhr bei unserer Abfahrt direkt an unserem Mog vorbei! Wir haben gewunken 😉
Die Stadt ist super schön mit ihren engen verwinkelten Gässchen, den Seen und Palsästen.
Weiter nach Jodhpur, die „Blaue Stadt“ liegt am Rande der Großen Thar Wüste und wird aufgrund der vielen blau bemalten Häusern so genannt. Die Farbe stammt ursprünglich um die Kastenzugehörigkeit der Brahmanen zu symbolisieren. Von dem hoch über der Stadt gelegenen Meherangarh Fort hat man einen weiten Blick über die „Blue City“. Wir laufen durch die schmalen Gassen und kommen durch die unterschiedlichsten Viertel: Einmal werden nur Fahrräder repariert, dann kommen nur Shops mit riesigen Alu-Kochkessln, Schuhe, Blechkisten, Werkstätten mit Dreh und Fräsmaschinen und natürlich der Obst und Gemüsemarkt am Glockenturm. Für alles gibt es eine eigene Straße, z.B. die Blechkisten oder Schmuckstraße. Es gibt alles, man muss nur wissen wo!
Wir fahren durch eine Halbwüste, parallel zur pakistanischen Grenze. Wir kommen eigentlich gut voran wollen in den nächsten Tagen das Land verlassen. Ein hinteres Radvorgelege (Getriebe an der Portalachse) wird bei langen Fahrten wärmer als die anderen. Zum Glück haben wir noch Ersatz an Board und Stefan kann das Teil tauschen. Dabei fällt ihm auf das eine Spiralfeder des Fahrwerks gebrochen ist! Oh, gar nicht gut. Und vorne ist auch noch eine Feder gebrochen. Doppelt schlecht! Ersatz hier in Indien? Wir beobachten die vorbeifahrenden LKW´s und Mitlitär-Allrad-LKW´s, aber alle haben Blattfedern 🙁 Also macht es auch keinen Sinn die Truck Werkstätten abzuklappern. Die Zeit drängt, unsere Visa gehen dem Ende entgegen. So entschließen wir uns, „die Post bringt´s“. Über unsere Unimog Werkstatt in Deutschland bestellen wir zwei Federn, die per TNT-Express in sieben Tagen da sein solllen.
Weiter fahren sollten und wollen wir mit den gebrochenen Federn nicht undbedingt. Also rollen wir noch bis Amritsar, kurz vor der Grenze. Hier warten wir bei jetzt doch kalten Temperaturen (tagsüber ca. 15°C), Nebel und immer wieder Regen.
Wir haben Zeit in Amritsar und besichtigen den Golden Tempel der Sikhs. Vor dem Betreten zieht man seine Schuhe und Strümpfe aus, wäscht seine Hände, die Füße werden durch ein Wasserbecken, durch das man läuft, gereinigt und bedeckt seine Haare. Alle Gebäude der Palastanlage und der Boden sind aus weißem Marmor. Inmitten befindet sich der goldene Tempel „Hari Mandir Sahib“. Der heiligste Ort der Sikh´s und Pilger die von weit hierher kommen.
Auch bei der eindrucksvollen Grenzschiließungszeremonie zwischen Indien und Pakistan haben wir zugesehen. Jeden Abend um 16 Uhr versammeln sich auf beiden Seiten tausende Menschen. Ein Animateur heizt die Menschenmassen mit Schlachtrufen an, Fahnen werden geschwenkt und laute Musik dröhnt aus den Lautsprecher. Uniformierte Soldaten marschieren in großen Schritten zum Grenztor, brüllen etwas hinüber, drehen sich um und laufen zurück. Das Ganze sieht für uns aber weder nach Machtkampf und Männlichkeit aus, sondern vielmehr wie ein Männerballett! Auf der pakistanischen Seite genau die gleiche Zeremonie. Am Ende der Veranstaltung werden die Fahnen beider Nationen synchron eingeholt und die Grenztore endgültig geschlossen.
Nach gut einer Woche Versandzeit von Deutschland nach Indien kommen auch unsere beiden Fahrwerksfedern an (natürlich hat es TNT nicht in den vereinbarten sieben Tagen geschafft). Wir finden eine qualifizierte TATA-Truckwerkstatt und in einem halben Tag sind beide Federn getauscht. Wir können weiter.
Die Grenzabfertigung verläuft, im Vergleich zur Einreise sehr gesittet ab. Auch bei der Fahrzeugkontrolle nehmen die Jungs das wirklich sehr genau: Es wird jede Schublade aufgemacht, herumgewühlt. Das erste mal bei einer Grenzabfertigung fallen die Dachboxen auf. Ein paar Dosen Gulasch, deutsches Klopapier (man kann ja nie wissen ob man so gutes überall bekommt) und unser Schlauchboot. Und wir bekommen tierischen Besuch von einem Drogenwauzi. Auf Kommando kann der sogar Männchen machen! Nach gut einer Stunde Fahrzeugkontrolle sind wir fertig. (Die Zollformalitäten von unseren Federn lass ich hier lieber mal weg, wirft nur ein allzu schlechtes Bild auf die Indische Bürokratie beim Zoll)
Auf nach Pakistan!