Pakistan 1

vom 10.2.2014 bis 20.3.2014

Wir verlassen endlich Indien. Rollen mit unserem Unimog an den Tribünen und dem beeindruckenden Grenztor vorbei, wo jeden Abend tausende Menschen das Männerballett und die Schließungszeremonie bejubeln. Die Kostüme der pakistanischen Soldaten sind genauso aufwendig gestaltet wie die der indischen, nur die Farben sind anders. Die Grenzanlage ist mit einer kleinen Parkanlage und einem Mini-Zoo gestaltet.
Für die Abwicklung der Fahrzeugdokumente braucht es nur zwei Leute: Der erste Beamte bereitet alle Papiere vor, stempelt das Carnet und den Pass (hier wird das Fahrzeug in Stefans Reisepass eingetragen). Dann kommt der Zweite, mit Uniform und vielen Abzeichen, muss nur noch unterschreiben, das war´s! So einfach kann es gehen. Dafür haben die Inder ca. eine Stunde gebraucht, geht also auch in fünf Minuten.
Fahrzeugkontrolle läuft folgendermaßen ab: Wieder der erste Beamte „…indische Rupien, Waffen, Drogen, Alkohol im Fahrzeug?“. Wir antworten natürlich „Nein, nix dabei!“. Das wir aber noch einen Restbestand von drei Flaschen Wein und eine kleine Flasche Fusel aus China (Frostschutzmittelersatz) dabei haben und gerade ein islamisches Land bereisen wird uns erst jetzt bewusst. „…Wir durchsuchen das ganze Fahrzeug..!“ sagt er freundlich zu uns. Aber daraus wird nichts. Es wird nicht einmal die Fahrgestellnummer überprüft. Der Beamte ist viel mehr daran interessiert uns Geld zu wechseln. Er erklärt uns den besten Wechselkurs zu haben! Er hätte auch Interesse, unsere beiden Fahrrädern zu kaufen. Aus beiden Deals wird aber nix und wir verlassen in rekordverdächtiger Zeit die Grenzabfertigung!
Die Uhren werden eine halbe Stunde zurück gestellt und wir sind nur noch 4 Stunden von der mitteleuropäischen Zeit entfernt! Wir kommen!

Wir fahren die ersten Kilometer im „neuen“ Land. Die Kleidung der Frauen ist ein bisschen anders, teilweise verschleierter. Die Turbane der Männer sind unterschiedlich gewickelt und sie tragen Bärte. Wir sehen die ersten pakistanischen LKW´s! Wow. Wir fragen einen jungen Mann nach dem Weg. Nach kurzen Erklärungsversuchen steigt er kurzerhand zu uns in den Unimog und führt uns auf die richtige Straße. In Lahore auf der „Canal Bank Road“ (der einfachste Weg um durch die Stadt zu kommen) befinden sich Ampeln. Und die Verkehrsteilnehmer halten sich daran! Neben der Straße immer wieder Parkanlagen, moderne Läden, KFC´s und viele weitere Fast-Food Ketten! Hey wo ist das Pakistan, das wir erwartet haben?

Wir haben keine Zeit! Wir müssen weiter. Unser Ziel ist es, möglichst schnell in Quetta zu sein. Dort am Donnerstag ein NOC Dokument * zu beantragen (wir wissen nicht genau ob das Amt auch am Freitag geöffnet hat), welches wir für die weitere Fahrstrecke von Quetta über Dalbandin bis Taftan (Grenzort in den Iran) benötigen. So fährt Stefan bis weit nach Sonnenuntergang. Wir stehen ca. 30km vor Multan neben dem National Highway NH-5 bis uns eine Polizeistreife mit Blaulicht und Sirene stört. Die Polizisten sind ganz freundlich und erklären uns, wir stehen an einem „gefährlichen“ Platz… Dann werden wir eben noch einen Kilometer weiter auf das Gelände einer Tankstelle begleitet, dort sind wir nämlich „sicher“.
Der nächste Morgen beginnt mir früh aufstehen und fahren. Wir entscheiden uns nicht nach Sukkur zur fahren, sondern die kürzere Strecke über den Indus-Highway nach Shikarpur. (Die direkte und kürzeste Verbindung zwischen Multan und Quetta über Loralai auf dem N-70 ist für Ausländer nicht passierbar da hier vor drei Jahren ein schweizer Paar entführt wurde). Kurz hinter Muzaffargarh, nach einer Brücke wird bei einem Polizei Checkpoint vor uns die Schranke heruntergezogen. Wir müssen anhalten und den Polizisten erklären warum wir hier sind, was wir hier machen und ganz wichtig ist immer der Beruf. Was auf jeden Fall nicht mehr geht ist alleine weiterfahren! Gefährliches Gebiet! Wir Fragen ob es denn besser wäre umzudrehen und auf dem stark frequentierten Highway nach Sukkur zu fahren? „Neeein, wir geben euch eine Polizeieskorte und dann seid ihr in Sicherheit…“ Mit der Eskorte, die nach 10 Minuten da sein sollte, fahren wir nach über einer Stunde Wartezeit weiter. Ein Toyota Pickup, auf dessen Ladefläche zwei gelangweilte Polizisten mit Kalaschnikows sitzen. Hätten die Jungs einen Bambusstecken in der Hand würden wir uns sicherer fühlen! Sie gehen mit den Waffen nicht um wie man eigentlich mit einer Waffe umgehen sollte. Der Lauf deutet immer wieder, unabsichtlich, auf Menschen, und der Finger ist gelegentlich am Abzug. Wo bitteschön ist da die Sicherheit?
Das Eskortenfahrzeug wechselt alle 10-50km. Meist ein fliegender Wechsel und wir kommen gut voran. Die Landschaft, die Leute und was am Straßenrand gefertigt und verkauft wird ist sehr abwechslungsreich!
Wir wechseln den Bezirk Punjab und kommen nach Sindh. Und ab hier bremst uns die Eskorte aus. Wir müssen immer wieder warten. Den Satz „nur 5 Minuten“ hören wir öfters und so verlieren auf den letzten 60km über eine Stunde mit warten. Im Dunklen erreichen wir die Stadt Shikarpur und versuchen mit der Eskorte zu klären, wo wir stehen können. Auf der Straße? Nein, viel zu gefährlich! Sie bringen uns in den Hof der Polizeistation. Und was flogt ist für uns die unruhigste Nacht. Stefan stellt uns noch beim Polizei Oberhauptmeister vor. Tauscht Kopien von Ausweis und Telefonnummer aus, klärt die morgige Eskorte ab und alles ist geregelt. Um ein Uhr in der Nacht klopft dann so ein Trottel an unseren Mog und will sich unterhalten. Aus dem Schlaf gerissen erklärt ihm Stefan das es NICHTS zu unterhalten gibt! Der Trottel, der sich als wichtiger Polizist ausgibt, lässt aber keine Ruhe, er will Dokumente sehen. Stefan hat seinen Pass gezeigt, dann wollte er meinen auch noch sehen! Morgen früh möchte er noch irgendwas klären. Zwei Stunden später werden wir erneut geweckt. Diesmal von Gewehrschüssen! Vermutlich Maschinengewehre. Es knallt, dann ist kurz Ruhe. Aus einer anderen Himmelsrichtung wieder Schüsse. Mal weiter weg, mal ziemlich nahe bei uns. Mit den Maschinengewehrgeknatter fällt der Schlaf natürlich dementsprechend unentspannt aus. Morgens lässt sich der Typ aus der Nacht natürlich nicht blicken, entweder war es ihm zu früh, oder er war doch kein so wichtiger Polizist wie er Stefan in der Nacht erklärt hat…

Mit Eskorte verlassen wir die Stadt in Richtung Norden. Durch Baustellen und viele Dörfer, kommen wir nur schleppend voran.
Landschaftlich ändert sich einiges, nach Multan sehen wir wieder mehr Palmen, es wird karger und trockener.Teilweise kann man ewig weit schauen, Wüste und Gestrüpp. Neben der Straße Dörfer aus Lehm und Stroh. Vor den Häuschen oft Kamele, sogar kleine Babykamele (aber nur mit einem Höcker). Mehr als Kamele gibt es allerdings Esel die als Zugtiere eingesetzt werden. In den Dörfern ist immer viel los. Lebensmittel werden verkauft, Zuckerrohr gepresst oder auch stückchenweise geschält verkauft. Es wird gehämmert, geschmiedet und geschweißt. Die kleinen Tuktuks und die voll beladenen Eselskarren fahren quer über die Straße. Vor den Häusern auf den hier typischen Betten sitzen Männer zusammen, rauchen oder trinken Tee.
Im Flachland befinden sich viele Ziegeleien. Wir sehen wie Arbeiter aus Sand-Lehm-Gemisch Backsteine formen und zum Trocknen aufstellen. Für das Brennen wird gehäxeltes Stroh verwendet, das mit völlig überladenen LKW´s angeliefert wird. Es wird transportiert was drauf geht, genau wie bei den vielen Pickup´s. Die Frauen haben einen Sitzplatz, die Männer und Schafe müssen meist auf dem Dach mitfahren oder stehen hinten auf der Stoßstange.
Die Polizeieskorte wechselt ständig manchmal fährt nur ein 70ccm Polizeimoped vor uns her. Dann dürfen wir auch mal ein, zwei Stunden ohne Begleitung fahren.
Nach gut 200km erreichen wir Sibi und am Horizont können wir die ersten Berge erkennen! Der Verkehr nimmt deutlich ab und es geht in vielen Kurven bergauf und ab. Hier macht das Fahren wieder richtig Spaß! In dem trockenen und vegetationslosem Gebirge schlängelt sich ein kristallklarer Fluss. Im Tal werden Getreideäcker und Palmenplantagen bewässert. Das Grün sticht wie eine Oase in der Wüste heraus.
Bei einem der paar Checkpoints an denen wir unsere Namen, Nationalität, Nummernschild und unsere heutige Wegstrecke angeben mussten, haben wir von einem Jungen am Straßenrand Datteln gekauft…äh dachten wir. Das waren aber kleine Miniäpfel mit riesigem Kern. Gar nicht mal so gut. Der eine Polizist hat sich dann drüber gefreut.
Auf dem Weg kamen uns viele neue Militärfahrzeuge die auf LKW´s transportiert werden entgegen.
Wir fahren auf ca. 1800 Meter durch verschiedene Bergdörfer. Auf den ersten Blick sieht alles verlassen aus. Der Eskortenwechsel klappt an diesem Tag reibungslos. Zwischenzeitlich „beschützte“ uns ein Pickup mit einem riesigen, fest montierten Maschinengewehr, dann wieder ein Moped. Kurz vor der Stadt Quetta müssen wir warten. Wir werden von einem Voll gepanzerten milka-farbenen Fahrzeug geführt. Rambo´s Zwillingsbruder mit der Kalaschnikow im Anschlag guggt zur Luke raus. Um die Aufmerksamkeit möglicher Terroristen noch mehr auf uns Ausländer zu lenken wird Blaulicht uns Sirene eingeschaltet… Mitten in der Stadt, Eskortenwechsel und ein Moped ist wieder vor uns. Panzer oder Mofa, wie gefährlich ist jetzt die Stadt?

Als Übernachtungsmöglichkeit, bzw. Stellplatz gibt es nicht viele Alternativen in der Stadt. Entweder Bloom-Star Hotel oder Polizeihof. Wir entscheiden uns für das „Hotel“. Spannend wird es bei der Hoteleinfahrt. Eine enge Gasse und eine niedrige Einfahrtshöhe. Unser Unimog ist 3,4 Meter hoch, die Einfahrt hat zwei Zentimeter weniger 🙁 Und hier hat die Polizeieskorte was gutes. Vier Mann, vier Reifen – Raus mit der Luft! Mit 1,5 Bar in den Reifen stehen wir nun im Innenhof. Das Hotel hat sozusagen ein Monopol, da es das Einzige ist, das Ausländer beherbergen darf. Dementsprechend auch die Preise. Wir sehen uns ein Zimmer an. Es riecht sehr stark nach Gas! Der Hotelmanager geht als erstes zum Gashahn der Heizung und dreht diesen ab! Ups. Wir schalten das Licht lieber einmal nicht an und entscheiden uns, für fast den gleiche Preis, in unserem geliebten Zuhause zu übernachten.
Am nächsten Morgen wollen wir zum „Home Office Department“ um das benötigte NOC Dokument * Für die Weiterfahrt zu beantragen.

Für die kommenden Tage geben wir euch einen genaueren Einblick in unser Reisetagebuch:

13.02.2014 NOC Beantragung in Quetta

Der heutige Tag begann schon damit zu warten. Und zwar auf die Polizisten, die uns zum „Home Office Department“ eskortieren sollten. So warteten fast zwei Stunden. Vor uns zwei Bewaffnete auf´m Moped und einer hinter uns ging es den einen Kilometer per Tuktuk zum Eingang des Verwaltungstraktes. Zum richtigen Bürogebäude liefen wir gefühlt noch einen weiteren Kilometer. Im Büro durften wir auf einem völlig durchgesessenem, rot-goldenem Samtsofa Platz nehmen. Erstmal warten. Das Büro ist mit fünf Holzschreibtischen und der Sitzgruppe eng zugestellt. Auf den Schreibtischen, dem Wandregal und dem Schrank häufen sich dicke Aktenmappen. Vor uns steht ein Gasheizgerät mit offener Flamme, dass abenteuerlich am Wandgasanschluss befestigt ist. Der Gasschlauch liegt quer im Raum, immer wieder stolpert einer darüber. Ich glaube so etwas wie eine Gasprüfung gibt es hier nicht. Die sechs bis sieben Männer sind fleißig am arbeiten. Wobei nur zwei einen Computer haben, der Rest ist Handarbeit. Dabei wird kräftig geraucht (überall hängen Rauchverbotsschilder) und Tee getrunken. Der Teebringemann (Hauptaufgabe Tee bringen) schneidet einem der Beamten die Haare. Stefan muss ein Schreiben aufsetzten: Wer, von wo, wohin, mit was und warum. Wieder eine dreiviertel Stunde warten. Um 11:30 Uhr dürfen wir in den ersten Stock zum Chef (?) er hat jedenfalls ein größeres Büro und trägt Golduhr und -Schmuck. Der Sekretär hat vorher schon den Kopf geschüttelt, als er gefragt hat wo wir hin wollen. Der Goldkettchenmann hat dann gefragt ob wir nicht fliegen könnten. Und ob wir von dem Vorfall mit dem spanischen Radfahrer ** vor drei Wochen wüssten … dann wieder runter, kurz in ein anderes Büro in dem wir nur für eine Minute zwischengeparkt wurden, bis wir wieder auf „unserem“ Samtsofa Platz nehmen durften. Wieder eine dreiviertel Stunde warten und Tee trinken. Dann ging es zum Big Boss. Im Vorzimmer zwei Sekretäre. Sein Büro war viel größer als die vorherigen. Die Wände sind geschmückt mit Fahnen und Auszeichnungen. 12:30 Uhr. Der gute Herr berichtete uns, dass wir KEIN NOC bekommen. Die Strecke ist für Ausländer gesperrt und es ist zu gefährlich. Er zählt uns die Anschläge auf Touristen der letzten Jahre auf. Wir dürfen definitiv nicht weiterfahren. Sein Vorschlag: Wir könnten ja einen Pakistani anheuern, der unser Fahrzeug bis zur Grenze fährt und wir müssten dann per Flugzeug in den Iran und an der Grenze den Unimog wieder entgegennehmen. (für uns würde das bedeuten Flugzeug Quetta – Islamabad – Theran – Zahedan, 100km Taxi zur Grenze). Oder eine Fähre von Karachi nach Bandar Abbas (Iran) für unser Fahrzeug zu finden. Die erste Variante scheidet für uns aus. Wir verlassen das Land und was, wenn unser Unimog an der Grenze nicht ankommt? Wir hätten keinerlei Chancen unseren Mog wieder zu sehen.
Von Quetta sollen wir nochmal die „gefährlichen“ 150km durch die Berge bis Sibi fahren, von wo wir gekommen sind. Würden wir weiter Richtung Iran fahren, hätten wir ebenfalls bis Nushki auch genau 150km im „gefährlichen“ Bereich. Dann weiter bis Taftan wäre es kein Problem, erklärt der Big Boss.
So ein Scheiß! Hier kommen wir nicht weiter.
Morgen können wir wieder kommen, um zwei. Da ist dann irgendjemand aus Islamabad zurück dem wir unsere Lage nochmal erklären können. Ob der uns weiterhelfen kann? NOC oder Fähre? Wenigstens gab es in dem Büro einen suuuuper leckeren Kaffee (der vermutlich Beste der ganzen Reise). Und hier sahen wir kurzzeitig die einzige Frau (außer mir) in diesem riesigem Bürogebäude..
Wir wurden wieder zu unserem Sofa geführt und eine Eskorte zu unserem Hotel angefordert. Wir warten und warten und warten und fragen nach. Eineinhalb Stunden vergehen und jedes mal sagen sie uns „…kommt gleich…“. Als wir beide gleichzeitig aufgestanden sind um das Büro zu verlassen wurden die sichtlich nervös. Ohne Eskorte dürfen wir nicht auf die Straße. Nach letztendlich über zwei Stunden Warten wurden wir abgeholt. Einer der beiden fragt Stefan: „Warum kommt ihr nach Quetta, die Stadt ist gefährlich!“ Wir sitzen neben zwei Kalaschnikow-Jungs auf der Ladefläche des Pickups und fahren mit Blaulicht durch die Stadt. Wir fühlen uns unwohl.
Da diese Eskorte uns nur zum Hotel zurückfahren durfte aber wir noch eine SIM Karte organisieren wollen, haben wir im Hotel die nächsten armen Schweine rufen lassen (um halb vier). Alleine dürfen wir den Hotelhof nicht verlassen, und nach 18 Uhr dürfen wir auch mit Polizei nicht mehr in die Stadt. Da die Polizisten bis halb sechs nicht da waren wurde aus der SIM Karte heute nichts mehr. Morgen wieder.
Auch das Internet funktioniert nur einige Minuten, dann war der Strom weg… um fünf Uhr wieder hieß es… um halb sieben war zwar wieder Strom da aber das Internet vom Hotel funktioniert trotzdem nicht! Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa so ein Scheiß!!!!
Wir müssen doch jetzt alles umorganisieren.
Mir ist gerade echt zum heulen.
Eine RoRo Verschiffung (Roll-on Roll-off bedeutet unser Unimog wird auf das Frachtschiff gefahren, kein Container) von Karachi in die VAR für 10.000 Doller plus Flugtickets und dann die Fähre in den Iran für weitere 800€, ist um aus Pakistan zu kommen unser erster Gedanke. Teuer! Oder nach Indien und von Mumbai aus eine RoRo Verschiffung für ca 8000 Dollar plus Flugzeugflüge. Auch teuer.
Während der Wartezeit im Büro heute ist uns auch eine weitere Idee gekommen. Zurück nach Indien, Nepal, Tibet, China, Kasachstan und Russland. Kann bestimmt nicht teurer als die Verschiffung sein. Hierfür müssten für Tibet und China einen Guide organisieren. Wir müssten uns neue Reifen schicken lassen, die Auslandskrankenversicherung verlängern. Für Indien, China, Kasachstan und Russland Visa organisieren. Dann würden wir halt Ende Juli erst wieder zurück sein. Müssten das mit Stefans Arbeit abklären und könnten leider den Iran und die Türkei nicht bereisen. Zumindest unser Carnet wäre noch so lange gültig.
Ohne Internet und Telefon fällt das momentan schwer. Stefan hat schon mal Mails an diverse chinesische Reiseveranstalter geschrieben sowie Reisebekannte nach ihrem Veranstalter angefragt. Bei der deutschen Botschaft haben wir mit dem Handy vom Hotelbesitzer angerufen und unsere Situation erklärt. … blablablabla, kein Notfall sie können nicht helfen, sie warnen ja eh nach Belutschistan zu reisen. Hmmm…. Bei der indischen Botschaft haben wir auch angerufen und wollten wegen „express-Visa“ nachfragen, da war um fünf keiner mehr zu erreichen. Stefan hat kurz vor der Ausgangssperre noch schnell zwei leckere Ei-Burger an der Straßenecke geholt. ACHTUNG: Er hat sich ohne Polizeischutz 300 Meter vom Hotel entfernt! Und der Ei-Burger Bräter war total freundlich, kein Taliban. Der Burger, wenigstens etwas positives des Tages. Am Abend haben wir noch Flugverbindungen VAE, Oman, Iran gecheckt. Und wegen den evtl. neuen Ländern geschaut wo wir die Visa herbekommen. Um 21 Uhr gab es nämlich wieder Internet. Hoffentlich klappt das mit dem NOC * morgen doch noch!

14.03.2014 Nochmal WARTEN UND WIEDER NIX ERREICHT

Heute waren wir schlauer und habe die Eskorte vor dem Frühstück rufen lassen. Die kam dann auch eine Stunde später. Den Plan mit der SIM-Karte haben wir erstmal hinten angestellt und sind mit dem Tuktuk direkt zum „Home Office Department“ zum Teetrinken gefahren. Dort auf dem Fußweg wurden wir von einem Herren, der in unserem begehrten Department arbeitet, angesprochen. Er wollte uns helfen ist mit uns in “unser Wartebüro“ gekommen und hat sich etwas mit uns unterhalten. Er hat erzählt, dass heute wichtige Gespräche in Islamabad stattfinden über dieses Gebiet… Und dass wir wahrscheinlich so um eins mehr wissen. Hat uns wegen dem NOC * Mut gemacht. Dann musste er weiter arbeiten. Wir haben gewartet und unser E-book weiter gelesen. Insgesamt drei Stunden bis um zwei. Zwischendurch Tee und Kekse. Um 13Uhr meinte einer der beschäftigten Beamten im Büro, dass wir morgen weiter fahren, er stellt uns das NOC aus. Der Herr von morgens hat uns noch einmal Gesellschaft geleistet. Nach der Gebetszeit (Freitagsgebet) wird nochmal diskutiert und dann bekommen wir unser NOC…. Bis jetzt können wir es nicht glauben, aber wir haben Hoffnung dass es klappt. Um viertel nach zwei dürfen wir wieder zu dem wichtigen Big Boss ins Büro. Naja, im Büro haben wir dann leider etwas anderes gehört. KEIN NOC für uns! Aber sie würden unser Fahrzeug durch eine Eskorte geschützt fahren lassen…Und wir sollen fliegen. „..wenn der Unimog von einem Soldaten gefahren wird, greift kein Terrorist das Fahrzeug an…“ So ein Schmarrn! Oh mann! Genau und wenn er doch weg ist, ist das dann halt unser Problem… scheiße. Der Kaffee schmeckt schon nicht mehr so gut wie gestern. Stefan und ich erklären ihm nochmal unsere Situation. Denkt der denn, zwei Wochen hier im Quetta oder Karachi zu verbringen um ein mögliches Frachtschiff ausfindig zu machen, wären weniger gefährlich als die 150 kritischen Kilometer durch zu heizen?! Wir glauben es nicht. Er anscheinend schon. Sollten wir nach Karachi fahren, empfiehlt er uns die komplette Strecke durch Belutschistan zu fahren. „…wir müssen aber 500km am Stück fahren,“…nicht so sicher…“ Was soll das??? Es gibt einen zweite Kaffee, wird leider nicht besser. Es tut ihm leid aber im Moment sei es auf der Strecke nach Taftan zu gefährlich. Um halb fünf fahren wir mit dem Tuktuk und Polizeimopdebegleitung wieder zurück
Als wir um dreiviertel fünf wieder zurück waren gab es mal wieder keinen Strom und somit auch kein Internet! Ich hab Mails geschrieben und Stefan die Öle gescheckt. Auch als 1,5 h später Strom da war, gab es kein Internet. Unsere Stimmung ist am Tiefpunkt! Internet gab es den ganzen Abend nicht mehr.

Bis Schwabach wären es von hier 7400km, kleiner Umweg über Tibet 14000km. Sagt das Navi. Wir wissen nicht was wir machen sollen.

* Dieses NOC Schreiben besagt, dass es „keine Bedenken gibt, die genannte Strecke zu befahren“.
** Drei Wochen zuvor wurde ein Omnibus mit schiitischen Pilgern von terroristischen Taliban angegriffen, zig Tode. Einen Tag drauf wurde ein spanischer Radfahrer, begleitet von 12 bewaffneten Polizisten, ebenfalls von Terroristen angegriffen. Sechs der Begleiter wurden getötet. Beide Übergriffe fanden ca. 50km südwestlich von Quetta statt. Auf der einzigen, für uns möglichen Straße, in den Iran. Anfang Januar wurden fünf iranische Grenzsoldaten entführt und vermutlich von Terroristen über die Grenze nach Pakistan verschleppt. Wir lesen aktuell im Internet (reuters.com): Aufgrund der erfolglosen Suchaktion haben sich iranische Soldaten, ohne Zustimmung der pakistanischen Regierung, nach Belutschistan begeben, um ihre Kameraden zu suchen. Die Lage ist angespannt, die Grenze wird kurzzeitig geschlossen. Wir haben uns in den letzten Wochen und Monaten intensiv mit der Situation in Pakistan befasst. In den Medien wurde mehrere Wochen im Voraus angekündigt, die pakistanische Regierung und die Taliban werden Friedensverhandlungen führen. In Indien redeten wir oft und lange über unsern weiteren Streckenverlauf. Tauschten uns mit anderen Reisenden über deren Eindrücke einer Pakistandurchquerung aus. Und wir haben uns gemeinsam dafür entschieden. Doch während unserer Zeit in Quetta und danach laufen die „Friedensverhandlungen“ nicht wie geplant. Täglich Bombenanschläge der Terroristen und die Verhandlungen werden seitens der Regierung abgebrochen. Die Entscheidung, nicht weitere Tage in Quetta zu verbringen, oder ohne Genehmigung die Strecke zu befahren, sondern lieber den „Rückzug“ anzutreten um unsere Möglichkeiten zu überdenken, war hoffentlich die richtige. Uns wird schlagartig klar, dass wir jetzt viel zu organisieren haben, unseren Zeitplan nicht einhalten können und finanziell gehen die Kosten vermutlich in die Höhe (Verschiffung oder Chinaagentur)…
„That´s not a part of the fun“ J-B.R.

15.02. Wir verlassen Quetta, leider in die falsche Richtung

In der Früh kam die Eskorte doch tatsächlich pünktlich! Stefan hat am Abend vorher die Eskorte für 7 Uhr bestellt, sollte keine da sein fahren wir alleine. „Wir brauchen keine Zielscheibe mit Blaulicht und Sirene um den Weg zu finden…“. Um 6:55 Uhr haben sie am Tor geklopft. Vielleicht hat Stefans kleiner Anfall am Abend an der Rezeption etwas gebracht?? Insgesamt hatten wir heute 17 Eskortenteams, vom Moped bis zum Minipanzer war alles mit dabei. Was die allerdings bringen, wenn es im Schneckentempo (20km/h auf freier Fläche) vorwärts geht ist fraglich. Zwischendurch durften wir mal eineinhalb Stunden alleine fahren. Ab einer chaotischen Ortsdurchfahrt war wieder kurzzeitig Begleitung da. Am Abend kamen wir in Sukkur, unserem Tagesziel an.
Heute früh war es noch richtig kalt, die Pfützen waren zugefroren, die Luft klar und sonnig. Guter Blick auf die mit Schnee überzuckerten 3000er. Das mit der Temperatur hat sich ziemlich schnell geändert, je weiter wir südlich kamen. Es wurde richtig warm, nach ca. 130km waren wir auch nur auf ca. 100Hm. So haben wir heute halt alles nochmal von der anderen Seite aus gesehen. Die LKW Fahrer waren wieder total freundlich, haben gewunken, gehupt und uns mit einem Lächeln in ihrem Land willkommen geheißen.
Bei der Stellplatzsuche in Sukkur hat Stefan ein paar junge Männer kennengelernt und unsere Situation erklärt. Einer hat uns seine SIM-Karte geschenkt und Stefan beim Aufladen geholfen. Super freundlich! In keinem anderen Land hätten wir so etwas erlebt!
Die Nacht durften wir mal wieder im Polizeihof verbringen… aber ganz ruhig und sehr freundliche Polizisten.

16.02. Eskorte verloren, von Sukkur nach kurz vor Lodhran

die Nacht war richtig schön ruhig. Sind heute etwas später aufgestanden, als wir um 8 starten wollten war unser Reifen hinten links wieder mal platt. (Mittlerweile sind 3 Reparaturschnüre im Loch an der Flanke des Reifens) Um 8:20 Uhr konnten wir dann -mit Eskorte- starten. Die vierte Eskorte haben wir „verloren“, die waren beim „Staffellauf“ etwas zu langsam. Später waren auf einmal wieder welche da, die genau so schnell wie sie erschienen sind verschwanden…. Sind wir jetzt eigentlich überhaupt noch sicher? 😉 Ab 11 Uhr waren wir sie ganz los. Freie Fahrt!!! Theoretisch, denn die Straße ist voller LKW`s. Eine der Fahrbahnen war meist im Bau, der Straßenzustand übel! Dementsprechend langsam ging es dahin.
Mr. Wang, mit dem wir bereits China von der Mongolei nach Nepal bereist haben, hat uns für die Tibettour abgesagt. Ihm ist das Deposit für den Zoll für unser Fahrzeug zu teuer (40 000 bis 50 000 USD). Mist! Mit einer andere Agentur könnten wir am 26ten April starten, würde uns allerdings 4200€ oder mehr kosten! Und wir müssen uns bis übermorgen entscheiden, da sie mindestens drei Monate zum einholen der Genehmigungen benötigen. Mittags konnten wir noch eine Mail wegen einer möglichen Fähre von Mumbai schrieben. Lodhran haben wir heute nicht ganz erreicht. Haben neben einer Tankstelle bei einem Restaurant gehalten. Hier konnten wir auch sehr lecker essen.

17.2. Visa Indien organisieren

Um die Möglichkeit zu haben Pakistan über den Landweg verlassen zu können, muss jetzt erst mal ein Indienvisum her. Hierfür das Onlineformular ausfüllen, zwei mal ausdrucken und bei der Visaagentur abgeben, so der Plan. Mit der schwachen Internetverbindung die wir zustande bekommen ist das gar nicht so einfach dieses bescheuerte Onlineformular der Inder auszufüllen. In Multan gehen wir dann mit unseren Dokumenten zu Gerry´s International Visa Dropbox. Als wir nach 2,5 h Wartezeit dran sind bemerkt der Mann, dass bei meinem Namen der Bindestrich fehlt! Und es muss genauso sein wie im Pass. Also nochmal schnell in den Unimog, neu ausfüllen, ausdrucken (gut, dass wir unser Büro immer dabei haben). Und warum hat der Bindestrich gefehlt??? Es ist gar nicht möglich in dieses bescheuerte Formular einen Bindestrich im Namen anzugeben! Aaaaaah! Die Pässe wollen wir uns dann noch Lahore (Stadt an der Grenze zu Indien) schicken lassen um möglichst schnell weiter zu kommen.
Puh das wäre erstmal geschafft. Jetzt heißt es wieder warten. Laut dem Mann bei der Visaagentur ca. 7 bis 10 Werktage. Laut der indischen Botschaft Webseite 3 Arbeitstage für Ausländer. Mal schauen. Ich hoffe es geht schnell. Danach waren wir in einem Fast-Food Restaurant esse . Hier wurden wir, ich glaube zum ersten mal auf unserer Reise von einer jungen Frau angesprochen (sonst sind es komischerweise immer Männer). Eine nette, lustige Unterhaltung. Sie hat uns gleich Tipps gegeben was wir uns anschauen sollen und welches Essen wir unbedingt probieren müssen.
Unseren Übernachtungsplatz haben wir am Abend in einer ruhigeren Seitenstraßen gefunden. Hier wurden wieder Mails geschrieben und viele Fährgesellschaften angefragt bezüglich Verschiffung von unserem Unimog.
Später am Abend mussten wir nach Diskussionen unseren Platz verlassen, die Polizei hat uns gefunden „…voll gefährlich…“. Also folgen wir, zu einem „sicheren“ Platz. Vor dem Polizeigelände sollten wir erst mal warten, reinlassen wollten sie uns nicht. Dann kam einer, der gut englisch konnte. Es hieß wir sollen erst mal warten und ob sie unser Fahrzeug nach Sprengmitteln absuchen dürften, danach dürften wir rein. Abgesucht wurden wir gar nicht. Hatten um 24 Uhr somit einen „sicheren“ Platz im Polizeihof 🙂


So das waren jetzt etwas ausführlichere Aufzeichnungen, da es ja eine spannende Zeit war die unseren Reiseplan völlig durcheinander gebracht hat.

Wir stehen ab jetzt im Polizeihof, können ausschlafen, draußen scheint die Sonne und es ist warm. Die Solarpaneels bekommen viel Licht und die Boardbatterien werden gefüttert. Es gibt viel Internetarbeit. Ein paar Meter weiter müssen die Polizisten in der Wiese mit ihren Uniformen trainieren. Liegestütz synchron. Oder in Kampfausrüstung mit Schutzschild und Schlagstock marschieren. Ein fast perfekter Platz. Müssten wir nicht mehrmals am Tag unseren Unimog 50 Meter zurück, und 10 Meter nach vorne bewegen. Wir schaffen übrigens auch neue Aufgabengebiete für Polizisten: Wir werden im Polizeihof bewacht. Schon seit mehreren Stunden schleicht einer um den Mog. Wenn ich den Vorhang zugezogen hab (wir haben seit Nepal einen Wohnzimmervorhang:-) )
ist der Polizist auf die andere Seite und hat versucht durch´s Küchenfenster reinzuguggn?! Hab ich das Küchenfenster zu gemacht ist er wieder auf die andere Seite gewatschelt. Waren beide Fenster zu ist er sichtlich nervös geworden. Um kurz vor vier hat er sich dann verabschiedet, uns seine Handynummer gegeben auf dem wir ihn erreichen könnten wenn irgendwas wäre…. OK?! Für was der jetzt da war weiß ich auch nicht.
Stefan verbringt die folgenden Tage mit Tee trinken, mit dem Kantinenchef unterhalten und Bürohopping. Viele Büros, immer die gleichen Fragen: „Hello, who are you? Where are you from? Why are you here? Die Antworten sind einfach: For Holiday! Relaxing at your Police station for the next few weeks! …
so ganz geheuer sind wir ihnen nicht. Ausländer mit komischen Fahrzeug. Doch abschieben wollten sie uns auch nicht.

Ich hab mich in online Reiseforen umgesehen, um so nach Mitfahrern für Tibet zu suchen. Die Zeit ist knapp, wenn die Bearbeitungszeit der chinesischen Agentur drei Monate dauert könnten wir frühestens Anfang Mai aufbrechen. Aber bevor wir unsere Visa für Indien nicht haben können wir auch nirgends fest zusagen und 2000 Dollar im Voraus anzahlen.

Das Entertainment Programm des Polizeihauptquartiers wird langweilig, wir wollen was erleben! Wir wollen einkaufen! Erstmal war die Überraschung groß, dass die Frau, also ich, auch mit kommt. Dann geben sie ihr OK. Damit die Polizisten auch ein wenig Stadtluft schnuppern können schickt man uns gleich drei mit zum einkaufen: Zwei Bewaffnete, einen Übersetzer. Wie aufmerksam.
Erstmal in das Reifenviertel. Unsere Reifengröße haben sie nicht. Aber eine andere Größe… „die bestimmt auch passt“ aaaahhhhhhhhhhhh wie ich das hasse! Obst, Gemüse und als Nervennahrung Chips einzukaufen geht deutlich einfacher als Reifen. Und gut behütet wieder zurück zum Mog.
Momentan können wir nicht viel machen, außer auf die Antworten der vielen Emails zu warten. Beim ausgedehnten Frühstück, morgens um 12 klopft es wieder mal am Mog, Wachwechsel bei den Pollis? Nein, Igbal Ghangla steht vor unserer Türe. Zuvor hatten wir von Reisebekannten eine Emailadresse bekommen. Ein passionierter Motorradfahrer unterstützt Touristen dabei durch sein Land zu reisen. Bei Kaffee und Kuchen im Mog erzählen wir von unserer Reise und den aktuellen Problemen. Iqbal ruft sofort bei verschiedenen Ämtern und Tourismusabteilungen an. Hinterfragt die in Quetta getroffene Entscheidung und versucht durch seine zahlreichen Kontakte herauszufinden, ob und wann uns ein NOC ausgestellt werden kann. Wir werden auch zu seinem Haus eingeladen, wo wir zwischen Mangobäumen im Garten mit unserem Mog stehen können. Ein Lichtblick im monotonen Polizeiinnenhofleben!
Am nächsten Tag sind wir ohne größere Aktion umgezogen. Sind einfach gefahren, dem Telefonisten mit dem guten Milchtee haben wir noch gewunken und dann schnell raus, bevor die noch auf die Idee kommen uns wieder zu eskortieren. Stefan hätte sich noch von seinen vielen vielen neuen Freunden verabschieden wollen. Doch still und unbemerkt konnten wir ohne Probleme den Polizeihof verlassen. Ganz schön „sicher“ dieser Ort.
Von den Verschiffungsagenten bekommen wir entweder gar keine Antwort, oder schlechte Nachrichten. Ein RoRo Frachtschiff von Karachi zu bekommen wird schwerer als gedacht. Wir fragen jetzt „Flat Rack“ Verladungen an (hier fährt das Fahrzeug auf eine Plattform und wird samt dieser, wie ein Container, mit dem Kran auf das Frachtschiff verladen). Unser frühest möglicher Start für die Tibet – China Durchquerung wäre jetzt der 10.5.

Mittag sind wir dann bei Iqbals Haus angekommen. Wir wurden freudig begrüßt und durften durch die enge Einfahrt rein fahren. Die armen Bäume mussten ganz schön leiden. Jetzt stehen wir vor dem Haus. Iqbal hat uns den Garten gezeigt, die Bäume mit den für uns neuen Früchten. Seine bzw. viele Kinder waren auch da. Er hat einen Sohn und zwei hübsche Töchter. Die kleine hat mich gleich mal mit ins Haus genommen. Dort hab ich dann seine Frau kennengelernt. Das große Haus wird von der ganzen „Sippe“ bewohnt. Das Hauptzimmer, in dem sich überwiegend aufgehalten wird, befindet sich ein Ehebett und drei weiteren Betten für die Kinder, einem großem Schrank und einem dazugehörigem Bad. Das Gespräch mit Iqbals Frau war auch eher zaghaft. Über Koran und Gott und was schwangere Frauen in Deutschland/Europa essen, dass ihre Kinder schön werden. Ich glaub das war bezogen auf die weiße Haut. Die Ehe ist auch keine „Liebesheirat“. Üblich ist eine „arrangierte Ehe“. Trotz alledem ein interessantes Gespräch. Da bin ich doch sehr froh in Deutschland geboren worden zu sein und zwar als Christ. Was ich noch gar nicht erwähnt habe, seit wir uns in Pakistan aufhalten trage ich meist ein Kopftuch (anders als im Iran ist es hier allerdings nicht gesetzlich vorgeschrieben als Frau ein Kopftuch zu tragen).

Doch die Leute hier sind extrem offen uns gegenüber und total gastfreundlich. Wir essen früh, mittags und abends zusammen. Gegessen wird auf dem Boden, was hier so üblich ist. Stefan tut sich glaub ich etwas schwer ohne Besteck zu essen:-) Das leckere, frische Rotti (dünnes Fladenbrot) wird in kleine Stücke geteilt und damit die verschiedenen Speisen gegriffen. Iqbals Frau hat leider nie mit uns gegessen. Sie und die weiteren Frauen haben in der Küche unter sich gespeist. Schade.

Stolz zeigt uns Iqbal seinen Facebook Account. Über 5000 Leute folgen ihm und seinen traumhaft schönen Aufnahmen aus allen Teilen Pakistans. Mit seiner Yamaha Teneree bereiste er mehrmals das ganze Land. Solch ein großes Motorrad ist ein Exot in einem Land voller 70ccm und 125ccm Motorrädern. (wird von einem 125ccm Moped gesprochen, handelt es sich um ein „Big Bike“ für „hohe Geschwindigkeiten“!)

Die nächsten Tage war dann volles Touri-Programm angesagt!
Wir durften mit einem von Iqbals Mopeds durch die Stadt kurven. Stefan freut sich seit unsere Abreise wieder einmal Motorrad zu fahren. Es war sogar ein Big Bike! Zuerst die historische Stadtfestung und die Moschee, das Museum über die Stadtgeschichte und einem tollem Blick auf die Stadt. Dann im Hand-Craft-Shop: tolle Sachen anschauen, bemaltes Leder als Lampenschirm oder Vase, geschnitztes Papier, feine Mosaikarbeiten und die schönen Multanischuhe werden hier in Handarbeit gefertigt. Danach ging es weiter zum Bazar, durch die engen Gassen. Wir durften einem Goldschmied bei der Arbeit zu sehen und dann weiter durch die noch engeren Gassen laufen. Dann hat unser Gastgeber „zufällig“ seinen Freund von der Presse getroffen. Mit Kameramann und Mikrofon ausgerüstet. Mensch so was… Ab diesem Zeitpunkt wurden wir bei unserem Bummel über den Markt von einem Kameramann verfolgt. In einem Bettdeckenladen haben wir Milchreis zum probieren bekommen und da hab ich, die Eva, direkt vor der Kamera voll gekleckert… oh wie peinlich. Danach wurden wir noch interviewt… noch peinlicher!!! Dann durften wir die für hier typischen Samosas (Kartoffel – Teigtaschen) für die Kamera hochhalten (die danach wieder bei den anderen im Topf gelandet sind! uuuuuuuuuh). Danach sind wir Kutsche gefahren, nur für 200 Meter, alles für die Kammera! Nach gefühlt unendlicher Zeit waren wir sie los. Was auch immer die für einen Film daraus machen, und was auch immer der Kommentar dazu ist, wir möchte ihn lieber nicht sehen!
Von Multans Altstadt ging es weiter zum neuen Stadtteil zu einem super modernen sechsstöckigem Einkaufszentrum. Einen Freunde von Iqbal treffen und Tee trinken. Und irgendwann war es Abend. WAS für ein Tag!

Neuer Tag: Das heutige Programm war für uns total interessant. Wir waren im Truckviertel
Hier werden die schönen „Bedford“ Rundhauber von Grund auf, beginnend mit zwei Stahlträgern aufgebaut. Es wird geschweißt, geklopft, Blattfedern gebogen, geschnitzt, gemalt und mit winzigen Stickern oder Reflektoren beklebt. Nach ca. drei bis vier Monaten Arbeit ist solch ein Kunstwerk fertig. Sogar im Fahrerhaus glitzert und leuchtet es überall bunt!
Und was uns überrascht ist, dass die tatsächlich ein Hupen-Keyboard haben!!! Die können Melodien spielen. Wahnsinn, so etwas will ich auch haben 🙂
Der Besuch hier war beeindruckend und hat uns auf eine Idee gebracht. Am nächsten Tag waren wir dann mit unserem Unimog bei den Truck-malern. Wollen aber nur was Kleines drauf malen lassen. Auf dem Kühlergrill einen Pfau! Vielleicht noch ein paar Schmetterlinge, Blumen und was sonst noch so auf einen richtigen Truck gehört, haben wir Iqbal gesagt.
Im nu waren wir umzingelt, jeder wollte sehen, was die „Ausländer da mit ihrem Truck machen“ Es war beeindruckend und toll zu zusehen, wie die Künstler gemalt haben. Wir haben gerätselt was wohl aus diesem und jenen Farbklecks wird. Wie ein Bild entsteht. Am Heck wird noch der Rahmen des Unterfahrschutzes verziert. Augen für Beifahrer und Fahrer, ein Flugzeug und ein Schiff. (Ob wir so das Land verlassen?) Jetzt haben wir eine Pakistanische LKW Bemalung! Dem Stefan gefällt es total, ich hab es mir ein wenig anders vorgestellt. „Der Schmetterling“ und „die Blume“. Naja wahrscheinlich sehen die pakistanischen Schmetterlinge anders aus als die in Deutschland 😉 Trotzdem ist es ein kleines Kunstwerk. Während der Wartezeit wurden wir mit Drinks, Keksen und einem Mittagessen versorgt. Als wir dann bezahlen wollten wurden wir überrascht, wir durften nicht. Auch nach mehrmaligen Versuchen durften wir nicht bezahlen. Dafür haben die Maler nach unserer Abreise aus Multan noch viele Süßigkeiten und Obst bekommen.

Mittlerweile hat sich das mit dem NOC und Weiterfahrt in den Iran erledigt. Trotz unzähliger Anrufe bei verschiedensten wichtigen Leuten. Es wird jetzt ein Angebot für Verschiffung ausgearbeitet. Iqbal telefoniert und findet Folgendes heraus: jede Woche fährt ein Schiff von Karachi nach Istanbul, dass unseren Unimog mitnehmen kann. Und das ca. 3-4000 Dollar kostet. Hört sich toll an. Allerdings hat sich Iqbals Bekannter als nicht sehr zuverlässig herausgestellt. Denn nach mehrfacher, dringlicher Nachfrage haben wir erfahren, dass der Typ ernsthaft meint er könne unseren 22Fuß langen Unimog in einen 20 Fuß Container stecken?! „…Maybe 20 feet container is good…“ Unser Fahrzeug hat aber immernoch 22 Fuß und zu hoch und zu breit für einen Container ist er noch dazu. Dann bietet er uns einen 40 Fuß Container an. Der Unimog passt aber nicht rein! Bei einem Telefongespräch teilt er Stefan mit, er würde einen Mitarbeiter vorbei schicken der noch einmal die Breite und Länge nachmessen würde…!!! AAAAaaaaaaaaaaaaaaaaaah!
Wir kommen hier nicht weiter.

Wir haben übrigens wieder Polizeischutz. Bei einem Ausflug mit unserem Unimog in der Stadt haben sie uns wieder geschnappt. Wie und was unser Gastgeber mit denen vereinbart hat weiß ich nicht. Stefan durfte am nächsten Tag nochmal mit zur Polizeistation, in der wir schon eine Woche gewohnt hatten. Dort nochmal das gleiche Bürohopping. Mit den gleichen Leuten und den gleichen Fragen. Diesmal war Stefan aber nicht mehr so gut drauf. Wir haben in unserem Pass einen Stempel der pakistanischen Botschaft in Berlin, der besagt das wir von Polizeiregistrierungen ausgenommen sind! Wir haben ein gültiges Visa und dürfen uns in diesem Bezirk frei bewegen! Wir brauchen und wollen keine Polizeibegleitung! Es gibt keinen Grund für solch eine Aktion! „…it´s for your safety …“ Stefan kann es nicht mehr hören. Es wird einem dauern erzählt wo es „safe“ und „not safe“ ist. Wer „gut“ und wer „nicht gut“ ist. Wem man vertrauen kann und wem nicht. Die Pakistani, die mit uns gesprochen haben, waren alle freundlich und hilfsbereit. Aber am Ende der meisten Gespräche kommt immer der Satz: „.. mir kannst du vertrauen, mich kannst du jederzeit anrufen. ABER traue keinem Anderen! Unterhalte dich nicht mit anderen Leuten…!“ Was denken die denn? Würden wir uns daran halten, hätte das Gespräch nicht stattgefunden. TRAUE MIR, NIEMAND ANDEREM!

Seit dem haben wir wieder „natürlich nur zu unserer Sicherheit“ Polizeischutz.
Wir treffen uns mit dem den Jungs vom HikerClub (and Eating Club 🙂 ) Multan zu einem leckeren Abendessen zu dem wir eingeladen wurden. Schäb, Hassan und sein Vater haben uns schon am Nachmittag besucht. Vielen Dank dafür, auch für die leckeren Multani Spezialitäten und die Überraschung mit den Fotos vom Nachmittag. Ach ja, unsere zwei Bewaffneten warten den Abend über am Eingang des Restaurants. Sonst sitzen die Zwei in der Hofeinfahrt. Sobald wir uns nach draußen bewegen kommen die mit. Zum Minimarkt, 50 Meter über die Straße 500 Gramm Zucker und 1 Kg Mehl kaufen, du bist nie allein. Ein sehr komisches, ungutes Gefühl.
Es ist an der Zeit weiter zu ziehen.

Nach fast einer Woche bei Iqbal, in der wir sehr viel gesehen und erlebt haben, verlassen wir diesen schönen Ort und sagen nochmal Vielen Dank an Iqbal mit Familie, den 3 Jungs vom Hiker and Eater Club Multan! Und den vielen Leuten, die wir kennenlernen durften.

Die 10 Werktage seit Beantragung unseres Indienvisum sind heute um. Wir fahren zur Gerrys International in Lahore um unsere Pässe entgegen zu nehmen. Aber, wir haben nichts anderes erwartet, keine Visa. Die Dame dort konnte uns auch nur sagen, dass die Pässe noch auf der Botschaft sind. Hmmm:-( und heute ist Freitag…. Mit unserer noch offenstehenden Option von Mumbai aus nach Italien zu verschiffen wird es eng. bzw. können wir das Schiffchen im März jetzt vergessen, sollten wir unsere Pässe nicht bis aller aller spätestens Dienstag bekommen. Von unserem Problem durfte dann auch die deutsche Botschaft was haben, diese antworteten darauf, dass ja keine Eile vorliegt solange unser Pakistanvisum noch gültig ist.

Wir müssen wider warten und können nicht viel machen. Reifensuche, das hört sich zeitfüllend für uns an! Wir besuchen einen Bekannten von Iqbal der uns dabei hilft. Das erste mal seit wir in Russland auf Reifensuche gehen, haben wir die richtige Größe wahrhaftig vor Augen! Da wird uns ein 20 Jahre alter Semperit Reifen präsentiert. Erstmal Begeisterung. Doch bockelhart, porös und Tubetype (Reifen der mit Schlauch gefahren wird), nicht optimal. Im Notfall könnten wir die zwei Reifen nehmen. Am nächsten Tag ging es weiter mit der Reifensuche. Ein Händler hatte die richtige Größe, neu für 350€! Hoffnung! Ein Reifen wird extra mit einem Tuktuk angeliefert. Sieht im ersten Moment gut aus. Die richtige Größe hat sich dann allerdings wieder als die falsche erwiesen. 365/80R20 und 335/80R20 sind eben nicht die gleiche Größe! SAME SAME BUT DIFFERENT. Einen tollen Tipp haben die Spezialisten noch: „…ihr müsst komplett auf 335er umrüsten, dann könnt ihr mindestens 8 Liter auf 100km sparen…“ Solche Genies!

Wir haben noch einen Mann aus Karachi kennengelernt, der uns über seinen Agenten noch Angebote zur Verschiffung zukommen lassen will. Stefan schreibt Emails mit dem Agenten, teilt Maße mit, sendet Dokumente die angeblich für die Zollabfertigung benötigt werden. Aber das war es dann. Dann keine Antwort mehr. Am Telefon wird er immer auf morgen vertröstet. Wieder nichts als heiße Luft. Solche Situationen haben wir in diesem Land schon öfters erlebt. Erst werden einem die größten Versprechen gemacht, es wird alles für seine Gäste unternommen, doch im Endeffekt wird nix daraus. Uns wären definitiv realistische und standhaftere Aussagen lieber!

Am Abend haben wir uns noch mit netten Motorradfahrern zum Essen getroffen, die uns tolle Bilder und Videos von ihren abenteuerlichen Touren in den Norden zeigten. Mit kleinen 70 ccm Mopeds und großen 125ccm Bikes durch reisende Flüsse und Schneematsch… supi. Größere Motorräder werden in Pakistan nicht hergestellt. Und alles vom Ausland eingeführte, wird nochmal mit 130% besteuert! Dementsprechend gibt es hier nicht sehr viele große Motorräder.

Durch Zufall haben wir vom Unimog-Club Pakistan gehört. Und durch einen noch größeren Zufall haben die von uns gehört und Kontakt zu uns aufgenommen. Basharat und Adeel (alias Deedee) vom Unimog-Club Pakistan haben uns über René, unserem Unimoghändler in Deutschland, ausfindig gemacht und eine Mail geschrieben. Hört sich interessant an. Seit Polen haben wir nur 3 Unimogs gesehen, wir vereinbaren ein Treffen und freuen uns total darauf.

Allerdings ist das erste Zusammentreffen mit Deedee und Butt anders als erwartet verlaufen, was hauptsächlich an Stefan lag. Der musste sich kurz nach der Begrüßung ausgiebig erbrechen! Dann war unser Reifen mal wieder platt und die Starterbatterie hat auch den Geist aufgegeben. Shit happens!
Am Abend zuvor gab es unter anderem „Beef Kebab“ und da war was nicht sauber. Dummerweise hat sich Stefan eine Magen-Darm Sache eingefangen und war die nächsten Tage ziemlich außer Gefecht gesetzt.
Wir durften zu Deedees Familie ziehen. Da gibt es ein schönes Plätzchen für unseren Mog vor dem Haus. Von Ummara, Anaya, Dawood und dem Opa werden wir herzlich willkommen geheißen. Hier werden wir die nächsten Tage stehen. Den Rest des Tages verbringt Stefan im Mog, liegend. Am Abend konnte er sich sogar aufraffen und uns zum Essen begleiten.
Am nächsten Tag arrangiert Deedee einen Werkstattbesuch und wir lernen den Mechaniker Jassin kennen, der sich gut mit Unimogs auskennt. Wir wechseln die Reifen von vorne nach hinten, lassen einen Schlauch in den kaputten Reifen ziehen und die Entlüftungsleitung vom Vorgelege löten. Unsere zwei Jahre „neue“ Starterbatterie hat in den letzten Tagen auch öfters gestreikt und wird ausgetauscht. Ein Bremssattel hinten wurde auch generalüberholt. Das Luftspiel zwischen innerem Bremsbelag und Scheibe war zu gering und konnte nicht eingestellt werden. Woraufhin die Bremse überhitzt hat. Die Mechanik der Feststellbremse war fest und wurde gangbar gemacht und neu abgedichtet.

Die nächsten Tage sind interessant und entspannt. Wir werden von früh bis abends mit dem leckersten Essen bekocht. Warum gibt es in Deutschland eigentlich keine pakistanischen Restaurants? Bei uns würde es ganz oben auf der Liste stehen!
Anaya und Dawood, die beiden Kinder kommen zum Malen und Spielen in unserm Mog. Zwischendurch versuche ich, „unsere“ Küche zu zeigen. Es gibt Hackfleichküchle mit Kartoffelbrei und Erbsen-Mohrrüben-Gemüse. Anstelle des Schweinehacks kommt Ziege zum Einsatz. Schmeckt echt sehr gut, auch in Lasagne. Und Erbsen gibt es hier frisch! Nicht aus der Dose. Ob es auch wirklich den Geschmack unserer Gastgeber getroffen hat? Wir sind uns nicht sicher.
Bei einer Stadtbesichtigung haben wir den historischen Teil Lahores kennengelernt. Von der Festung aus die Skyline mit der untergehenden Sonne auf uns wirken lassen. Und anschließend die große Moschee.
Es wurde ein spontanes Unimogtreffen für uns am Sonntag Nachmittag veranstaltet. Wie wir feststellen können, gibt es viele Autoliebhaber in diesem Land. Wir haben vermehrt VW Käfer und Bully´s, viele alte Mercedes im super Zustand und weitere exotisch wirkende Oldtimer gesehen. Und so werden die alten Unimogs auch hergerichtet. Vom Rally tauglichem Unimog bis zum Show-and-Shine Unimog ist alles dabei! Mit unserem Mogmog sind es insgesamt sechs Unimogs und ein Offroad-Pickup. Mein neuer Liebling ist der Orangene 🙂

Immer noch die offene Frage: Was machen wir? Wir haben bis jetzt keine Indienvisa, können somit auch noch nichts konkretes wegen einer Tibet-China Durchfahrt oder der Fähre in Mumbai organisieren. Mögliche Mitfahrer durch Tibet, um die hohen Kosten zu teilen, haben sich auch nicht gefunden. Und falls wir den Umweg über Land nehmen, brauchen wir definitiv neue Reifen, die jetzigen machen es keine 14000km mehr mit. Deedee hat uns mit einem sicheren und zuverlässigen Shipping – Agenten in Verbindung gebracht. Hier klappt die Kommunikation und wir erhalten ein seriöses Angebot. Doch es gibt ein „aber“, und das ist der Preis. Von Karachi aus nach Istanbul 8000 Dollar für einen Flat-Rack. Plus Hafengebühr in Istanbul, plus Flugzeugflüge für uns und Unterkunft für 2-3 Wochen, in denen unser Mog auf hoher See sein würde 🙁
Wir diskutieren die verschiedenen Möglichkeiten. Langsam denken wir über weitere Alternativen nach. Vielleicht sollen wir doch den Karakorum Highway fahren, von dem hier alle schwärmen? Das würde aber bedeuten: Visum verlängern, neue Reifen, Chinaagentur finden und vor allem WARTEN. Es gibt einen 24km langen See der überwunden werden muss und der Grenzübergang liegt auf über 4600Meter. Der See noch gefroren und zu viel Schnee in den Bergen. Ab ersten Mai wäre die Grenze für Touristen offen. Hm also zwei Monate hier warten.
Die Preisgestaltung ist bei den meisten Agenturen für China nicht nachvollziehbar. Wir fragen unseren vertrauten Mr. Wang, ob er uns begleiten könnte. (Eigentlich falsch: Er ist der Veranstalter und wir die Gäste. Das man dies in Kauf nehmen muss, wenn man China mit dem eigenen Fahrzeug bereisen will haben wir bereits akzeptiert.) Er hat auch das mit Abstand günstigste Angebot gemacht. Der Papierkram für diesen Teil Chinas dauert „nur“ einen Monat (für Tibet sind es drei!).

OK, WIR WOLLEN DEN KARAKORUM HIGHWAY FAHREN → KKH

Natürlich gibt es auch hier noch was zu klären:
1. Pakistan Visum verlängern
erster Punkt ging relativ einfach, im Passamt von Lahore. Für umgerechnet 25 € haben wir innerhalb von fünf Tagen ein neues Visum bekommen, wir können also nochmal aus und wieder einreisen und dann die nächsten 145 Tage hier bleiben :-). Nur verlängern wäre angeblich kostenfrei gewesen.
2. nochmalige intensive Reifensuche
dies hat Deedee für uns unternommen, ein paar Tage später konnte Stefan und Jassin sich tatsächlich gebrauchte Reifen aus ausgesonderten Militärbeständen aussuchen!!! WOW wir haben jetzt für insgesamt 350€ vier „neue“ alte Reifen, inkl. Montage!!! Super! (sind ca. 50% abgefahren)
3. wir müssen klären ob ein NOC für den KKH benötigt wird.
Hat sich etwas schwieriger gestaltet, da der zuständige Herr im Innenministerium in Islamabad keine Lust hatte zu telefonieren. Beim ersten Anruf ist er kurz dran gegangen, hat geantwortet das ein NOC benötigt wird und die Beantragung vier bis sechs Wochen dauert. Dann hat er aufgelegt!!! Bei weiteren Anrufen wurde der Hörer abgehoben und gleich wieder aufgelegt oder gar nicht rangegangen. Hmmm nach mehrmaligen probieren haben wir uns entschlossen hinzufahren. Insgesamt 800km wegen einer Frage!!!! Und der Hoffnung, es bei Bedarf gleich beantragen zu können.
Wir fahren nach Islamabad und treffen uns mit Nazir, einem bekannten von Deedee der uns im Bürokratendschungel helfen wird. Gemeinsam fahren wir morgens zum Innenministerium. Mehrere Sicherheitschecks und wir stehen vor dem richtigen Gebäude. Der „Beamte“ (vermutlich unser Telefon-auflege-Freund) ist aber noch nicht da. Also warten wir eine Stunde. Nun lässt er uns aber nicht in sein Büro im sechsten Stock, sondern verweist auf einen Ansprechpartner der mittags hier erscheinen soll. Nazir schlägt sich aber doch alleine in das Büro vor. Hier wird im gesagt, wir bräuchten gar kein NOC sondern müssen uns nur telefonisch bei zwei Kontrollposten anmelden. Also verlassen wir den Verwaltungstrakt ohne ein offizielles Schreiben. So ein ganz gutes Gefühl haben wir nicht.
Aus diesen zwei Anrufen haben wir später erfahren, dass wir eine Genehmigung brauchen, dauert aber nur vier Tage Bearbeitungszeit. Wir sollen einen Brief mit Reiseroute, Datumsangaben und Kopien von Pass, Visum und Einreisestempel an eine Nummer in Peshawar faxen. Nicht mehr. Hört sich gut an.

Bei unserem „kleinen Ausflug“ nach Islamabad haben wir auch zwei nette Frauen aus Deutschland kennen gelernt, die hier für UN-Hilfsorganisationen arbeiten. Bei einem sehr schönen und unterhaltsamen Abend (das erste mal seit zwei Monaten mit deutschen gesprochen). Danke! Respekt an diese anspruchsvolle und sicherlich psychisch belastende Tätigkeit.

In Islamabad können nichts mehr machen. Fahren wieder zurück nach Lahore.
Bei der großen „Autoshow Lahore 2014“ dürfen wir zusammen mit allen anderen Unimogs und den fetten Geländewägen von „4×4 engaged“ unseren Mogmog ausstellen. Ein „Showcar“ ist unserer nicht, aber die Besucher sind sehr interessiert an dem riesigen weißen Auto. So etwas haben die meisten noch nie gesehen. Jetzt sind wir offizielle neue, internationale Mitglieder von „4×4 engaged“ und „Unimog Club Pakistan“ 🙂

In unserer Homebase Lahore erhalten wir das verlängerte Pakistanvisum. Für das indische Visum in unseren Zweitpässen haben wir genug gewartet. Wir schreiben eine Email an die deutsche Botschaft. Und siehe da, kurz darauf erhalten wir einen Anruf der indischen Botschaft. Der Herr hat sich für die Verzögerung entschuldigt und schnellstmögliche Zustellung zugesichert. Als wir unsere Pässe in der Hand halten sehen wir das Ausstellungsdatum. Die indischen Schlafmützen haben 3 Wochen nix gemacht!

Jetzt stellt sich die Frage, was machen wir in der Wartezeit, bis wir unsere Fahrt zum Karakorum – Highway starten können? Rundtour in den Süden von Pakistan? Da waren wir schon einmal. Mit dem Mog nach Indien? Muss auch nicht sein. Aber wir müssen etwas unternehmen. Es werden Flüge von Lahore in die ganze Welt gesucht: Kathmandu, Mumbai, Sri Lanka, Malediven, New York – Rio – Tokio :-), Deutschland ist auch dabei. Doch den Zuschlag für den günstigsten Flug bekommt Bangkok in Thailand. Und das nicht von Lahore, sondern vom 60km entfernten Amritsar in Indien. Nun ist unser Indienvisa mit mehrfacher Einreise doch für etwas gut! Auf nach Thailand!!!

Unser Unimog steht für die nächsten 3 Wochen sicher vor Deedees Haus. Wir packen unsere Sachen. Doch was nimmt man als Backpacker alles mit? Ganz einfach, wir haben nur einen Rucksack und der ist schnell voll!

In den letzten drei Wochen, die wir in Lahore verbracht haben, waren wir die neuen Nachbarn bei den Adeel´s (alias Deedee´s) :-). Bzw. schon fast Mitbewohner. Jeden morgen wurden wir mit einem freundlichen „HelloNeighbors!“ begrüßt. Wir wurden wunderbar versorgt, bekocht, morgens, mittags und abends! Ich spiele uns male mit den Kindern, der Stefan hilft dem Opa bei der Gartenarbeit.
Uns wurde bei Reifen, Dokumenten, Zeitvertreib, medizinischen Problemen, einfach bei ALLEM geholfen… Vielen Dank dafür!
Wir werden diese Zeit in Pakistan als die beste auf unserer Reise in Erinnerung behalten!

Eine kleine Geschichte hab ich vergessen:
Auch bei Polizeiangelegenheiten wurde uns geholfen…. An dem Morgen, als wir unsere Visa verlängern wollten, hat uns Deedee und sein Vater den Weg zum Passamt gezeigt, indem sie voraus fuhren. Einmal wurden sie von der Verkehrspolizei raus gewunken. Wir sind im Kreisverkehr links ran gefahren (Linksverkehr, der Kreisverkehr dreht sich in die andere Richtung) und haben auch gewartet. Danach ging es wieder weiter… wir haben nicht mitbekommen, dass einer der Polizisten auch mit uns sprechen wollte. Nach 500 Meter winkt uns ein anderer Polizist. Zu? Raus? Naja, wir haben halt mal zurück gewunken. Die machen hier komische Handbewegungen. Fehler. Bei der nächsten Ampel wurden wir herausgezogen, richtig gestoppt. Die Beamten fanden das nicht so lustig, dass wir schon zwei mal nicht gehalten hätten?!
Darauf folgte eine längere Diskussion und Stefans internationaler Führerschein wurde einbehalten. Deedee hat ihnen dann erzählt, dass das alles kein Problem sei, die beiden kommen gerne mit aufs Polizeirevier und freuen sich darauf guten Tee zu trinken und mit dem Chef zu reden, auch eine Übernachtung im Polizeihof sei kein Problem, das machen die öfter….!!! Sie müssten uns halt danach nur noch zum Passamt bringen…!
Die Polizisten wurden von Deedee komplett durcheinander gebracht und wir durften weiterfahren. Das ging noch mal gut! Zu Stefans Entschuldigung, warum er beim winkenden Polizisten nicht angehalten hat: In den letzten beiden Ländern wurden wir (sehr) oft von freundlichen Polizisten aufgehalten, die einfach nur nach unserem Wohlbefinden, unserem Heimatland und ob unser Unimog Allradantrieb hat (…bei den Reifen sehr naheliegend) gefragt haben. Diesmal war es den Polizisten anscheinend wichtiger.