Von Irkutsk zum Baikalsee und wieder zurück, 22.07. – 16.08.2013
Nach zwei Tagen Diagnose-Werkstatt-Besuch haben wir uns am Mittwoch auf die Suche nach der chinesischen Botschaft gemacht. Nachdem wir sie gefunden haben mussten wir feststellen, dass es für deutsche Staatsbürger hier kein Viusm für China gibt… Schade, dann können wir das erst in Ulan Bator erledigen.
Bei der mongolischen Botschaft sind wir an diesem Tag auch gescheitert, da die Mittwoch geschlossen haben. Die restliche Zeit des Tages wurde genutzt um sich ein bisschen in Irkutsk umzusehen und für einen Zahnarztbesuch. Besser gesagt Zahnärztin. Nachdem ich schon seit ein paar Wochen Schmerzen hab. Vor der Mongolei möchte ich doch auf Nummer Sicher gehen. Ich hab mich schon mit einem „Gold-Zahn-Lächeln“ gesehen 🙂 So schlimm war es aber gar nicht. Die Praxis war relativ modern – also anders als man sich das in Sibirien so vorstellt. Nach einem Röntgen konnte Entwarnung gegeben werden und es wurde gar nicht viel gemacht…. puh!!! Die Zahnärztin hat sogar eine deutsch sprechende Freundin zum Übersetzten angerufen.
Der nächste Punkt an diesem Tag sollte das Kaufen oder Bestellen zweier neuer Reifen sein. Es gibt hier wirklich sehr sehr viele Reifenhändler…. aber die haben keine passenden Reifen für uns, nicht mal Conti kann welche bestellen. Naja dann hoffen wir einfach mal, dass der Reifenverschleiß mit dem neuen Achsschenkellager abnimmt.
Wir stehen für die nächsten zwei Nächte an einem zentralen Platz beim Fußballstadion.
Von hier aus lässt sich alles gut zu Fuß erkunden. Am Donnerstag werden noch die Visa für die Mongolei beantragt (ca. 45 € pro Visum) und dann raus aus der Stadt. Auf dem Weg durch die Stadt sind wir von einem coolen Landrover angehupt worden. Ein dänisch-italienisches Paar, Malene und Marco sind schon seit 14 Monaten unterwegs (Amerika und Japan). Dummerweise standen wir ungut auf der Straße und konnten uns nicht ewig unterhalten, trotzdem eine schöne Zusammenkunft.
Nachdem ich im Unimog unsere Einkäufe wegräume meint Stefan ich soll mal raus kommen und da steht ein riesen Fahrzeug… also so groß wie unseres. Ein Renault aus Frankreich. Coco und Phil, ein nettes Paar, mit denen wir uns noch unterhalten und Kartenmaterial ausgetauscht haben. Die Zwei fahren weiter in die Mongolei, vielleicht trifft man sich dort wieder.
Jetzt geht’s aber wirklich raus.
Auf zum Baikalsee! Unsere Route soll auf direktem Weg zur Insel Olchon führen.
Nach 70 km Asphalt oder Schotterstraße ging es mal wieder auf einen festgefahrenen Erdweg. Vorbei an vielen Kühen, die laufen hier übrigens frei herum und liegen oder stehen oft auch direkt auf der Straße. Da es die letzten Tage stark geregnet hat war der Weg dementsprechend matschig und rutschig. Mit Allrad gings vorsichtig voran.
Nach ca. 15 km ist es dann passiert, von unserer gewählten Fahrspur in der Mitte sind wir plötzlich einen Meter nach links ins weiche Gras abgerutscht. Wir hatten 20° Schräglage, vor oder zurück half nichts, hat uns nur tiefer eingegraben. Stefan hat schon mal einen Baum für einen möglichen Seilwindeneinsatz ausgesucht. Alle zu klein. Mit kleinen Baumstämmen und ein bisschen Muskelarbeit konnten wir eine „Auffahrt“ bauen. Die hat uns tatsächlich gerettet. Bei solchen Aktionen musste man nur immer aufpassen nicht selbst auszurutschen. Ziemlich schmierig das Ganze. Da dies nicht das einzige Mal war, dass wir uns nicht geradeaus auf dem Weg halten konnten und nach einem Drittel der Weg eher schlechter wurde haben wir uns dafür entschieden an einer geeigneten Stelle umzudrehen 🙁 Schade.
Also wenden in 20 Zügen 😉 und wieder zurück nach Irkutsk.
Die reguläre Straße war geteert und ging immer gerade aus, keine Bäche, keine Wälder. Nur immer wieder Kühe oder Pferde und Hügellandschaft. Walderdbeeren gibt’s übrigens immer noch am Straßenrand zu kaufen. Uns kamen viele Busse und Minibusse mit Rucksäcken auf dem Dachträger entgegen. Die ersten mit Stofffetzen geschmückten Rastplätze und eine Reiterstatue sind zu sehen. Noch am nächsten Tag haben wir den Baikalsee erreicht! Wow, wunderschön! Nur der Wind und das Wasser sind brrrrrr.
Am nächsten Tag sind wir rein gefahren in die grün-braune Hügellandschaft. Immer wieder Erdmännchen am Wegesrand und auf den Wiesen, putzig die kleinen Tierchen! Eines hat sich leider in suizidaler Absicht vor den Unimog geschmissen 🙁
Auf einer Klippe mit tollem Blick haben wir gestoppt. Sind zum See runtergekraxlt und in das eiskalte Nass gesprungen… es war nur ein kurzer Aufenthalt bei ca. 14°C Wassertemperatur. Dafür hat uns die Sonne wieder aufgewärmt.
Was hier richtig super ist: Es gibt keine Schnaken!
Wir wollen Bären sehen, die soll es vor allem nord-westlich vom Baikalsee geben. Da haben wir uns gedacht, wir könnten ja mal so weit das möglich ist am Westufer nach Norden fahren… aber da gehen nur vermutlich 100 km am See entlang. Dumme Idee. Nach ca. 30 Km Wellblechpiste hatten wir die Nase voll und haben uns an einem Plätzchen am „kleinen Meer“ zwischen vielen anderen Campern niedergelassen.
Hier macht gerne die russische Bevölkerung Urlaub. Meist mit der ganzen Familie, vielen Zelten, Boot und manche sogar mit selbstgebauter Sauna… und natürlich mit „Sanitärzelt“ das in etwas Entfernung steht. Was uns immer wieder wundert ist, welche mega schlechten Wege die mit ihren Autos teils mit Anhänger befahren! Kein Wunder, dass die Autos oft verbeult sind oder Teile fehlen.
Hier haben wir dann… weils ja doch recht schön war einige Tage verbracht. Das Wasser hatte durch die vorgelagerte Insel Badetemperatur und man konnte immer wieder Robben sehen. Die süßen kleinen Dinger haben ihren Kopf zum Luft holen aus dem Wasser gestreckt und sind dann für ca. 20 Minuten wieder abgetaucht.
Mit Viktor, unserem Campnachbarn haben wir versucht zu angeln (erfolglos was natürlich nur an den Robben lag, die die Fische verscheucht haben).
Stefan hatte viel zu tun am Unimog, schrauben hier putzen da. Dabei hat er die gebrochene Auspuffhalterung entdeckt. Der Auspuff wurde provisorisch angebunden um ein komplettes durchreisen zu verhindern.
Nach fünf entspannten Tagen hatten wir auf einmal sehr viele neue Nachbarfamilien, war wohl Anreisetag. Die direkten Nachbarn hatten sogar ein riesiges Planschbecken dabei, alles was man in so einem Urlaub braucht… und selbstverständlich auch ein Motorschlauchboot. Da durfte ich mit Opa und Enkel ne Runde mit drehen 🙂
Am nächsten Tag sind wir aufgebrochen um die Insel Olchon zu besuchen „Insel der Schamanen“. Nach einer Auspuffkontrolle vor der Fährüberfahrt haben wir diesen Plan verworfen und bewegen uns lieber wieder Richtung Irkutsk. Provisorische Halterung nochmal nachgebessert und zurück. Vorher haben wir aber noch geräucherten Omul gegessen, eine Fischart, die wohl nur im Baikalsee vorkommt. Der wird hier von den Fischern heiß geräuchert am Straßenrand verkauft.
Da es die letzten Tage nicht geregnet hat wollen wir nochmal die Abkürzung über die Schlammpiste probieren.
Das erste Stück ging es erstmal die meist asphaltierte Hauptstraße entlang. Bis wir in einem kleinen Ort am See in ein Tal abbogen. Dort ging es auf engen Schotterwegen an einem Fluss entlang. Haben zwischendurch einen Anhalter mitgenommen, der sogar ein paar Wörter deutsch konnte. An dem nächsten Abzweig musste er wieder laufen. Für uns ging es an, über oder durch ein Flüsschen weiter. Ohne Schlaglöcher war dieser Weg auch nicht. Landschaftlich sehr schön! Wir wurden von einem Jeep überholt. Die beiden Männer waren auch auf dem Weg nach Irkutsk und meinten die Straße sei gut fahrbar. Am Abend zog ein schweres Gewitter heran und es hat stark geregnet.
Am morgen war der Weg immer noch nass. Hilft ja nix, da müssen wir weiter. Gleich nach ein paar Kilometern das erste Hindernis, der Weg war rechts und links etwas weg gespült und (zumindest für uns) nicht passierbar. Hab einen morschen Birkenstamm und ein Brett aus dem Wald gezogen (was halt so rumliegt) und Stefan hat vorsichtshalber die Sandbleche abmontiert… das Ganze diente uns als „Schienen“. Hat sogar geklappt, nur die Sandbleche waren nachher leicht deformiert… sind halt nicht dafür gemacht.
Es kamen noch ein paar rutschige Matschpassagen bei denen vorher schnell die beste Fahrspur ausgekundschaftet wurde. Aber sonst sind wir auf sandigen oder steinigen Streckenabschnitten gut voran gekommen. Das Gewitter hat sich glücklicherweise nur lokal entladen und so konnten wir nach ein paar Kilometern auf trockenem Boden weiterfahren. Ausgetrocknete Bachbetten waren mit Holzstämmen überbaut, was manchmal etwas instabil aussah. Der Weg, auf dem wir beim Hinweg gewendet haben war deutlich besser. Die Pützen waren niedriger und die Erde um die Pfützen bot wieder Halt. Was vor allem mich doch sehr erleichtert hat! Letztendlich hat es richtig Spaß gemacht hier durchzufahren!
Als das geschafft war ging es wieder 70 km auf gut fahrbarem Schotter oder Asphalt zurück nach Irkutsk. An unserem Stellplatz beim Fußballstadion haben wir gleich mal die zwei abgefahrenen Reifen durch die guten Ersatzreifen getauscht. Mit der Seilwinde, die ich von oben bedient hab ging das recht gut. Außer dass nachher unsere frisch gewaschene Wäsche wieder dreckig war 🙁
Als Belohnung gab es Kwas. Ein, nachdem man sich an den eigentümlichen Geschmack gewöhnt hat, sehr leckeres Getränk. „Der Kwas ist ein altes ostslawisches kohlensäurehaltiges Erfrischungsgetränk, welches durch Gärung aus den Grundzutaten Wasser, Roggen und Malz gewonnen wird. Die Farbe und der Geschmack des Getränkes sind mit der eines Malzbieres vergleichbar, allerdings nicht so süß. Es besitzt dafür einen leichten Zitronengeschmack, der an Radler erinnert. Der Geruch erinnert an frisches Brot. Es bildet beim Einschenken eine Blume wie Bier. Kwas enthält in der Regel 0,05-1,44% Alkohol und hat, bedingt durch bestimmte Milchsäurebakterien, eine verdauungsfördernde Wirkung. Der Milchsäuregehalt beträgt rund 0,18-0,48%.“ Das sagt Wikipedia dazu. Auf jeden Fall lecker, das wird hier überall in gelben Tankfässern angeboten und in ein mitgebrachtes Gefäß abgefüllt.
Am nächsten Tag, es ist Dienstag und morgen sollen unsere bestellten Ersatzteile (Achsschenkellager) kommen, müssen wir unsere Auspuffhalterung reparieren. Wir machen uns auf die Suche nach einer Werkstatt. Bei Hinterhofwerkstätten fragen wir uns durch ob jemand englisch oder deutsch spricht… die können aber alle nur chinesisch. Bei einer größeren Halle, in der ein Bus gerade neue Reifen bekommt fragen wir nach. Und schon wird nach einer Lösung gesucht… Punktschweißen? Oder den Auspuff gleich an der Kabine aufhängen? Ohoh – nein! Wir haben schon genaue Vorstellungen, die wir Alexander versuchen klar zu machen. Was er nach ein paar Minuten sogar versteht. Er packt uns in sein Auto und wir fahren einmal durch die Stadt, raus kommen wir bei einem Markt für Baumaterialien. Da haben wir dann eine Metallplatte gekauft. Zurück bei der Werkstatt hat Stefan den Auspuff ausgebaut und ein älterer Mann hat uns das Metallteil zugeschnitten und auf die Halterung drauf geschweißt, sieht massiv aus. Ging einfacher als gedacht. Ob die Schweißverbindung Edelstahl-Baustahl hält wird sich zeigen.
Nachher haben wir unsere Mongolei-Visa abgeholt und uns nochmal Irkutsk ein bisschen angesehen.
So jetzt ist Mittwoch, der Tag an dem die Ersatzteile da sein sollten. Haben gleich mal bei der Mercedes-Werkstatt angerufen. Anton unser Ansprechpartner, der etwas deutsch spricht hat momentan keine Ahnung, will sich aber darum kümmern. Nun gut dann schauen wir uns solange die Stadt an. Zuerst ging es auf den China-Markt. Da hat es gewuselt, kleine enge Stände oder Läden mit allerlei Krims Krams. Am Rand konnte man gestapelte Seecontainer sehen, ob die noch wissen was da alles drin ist?! Irgendwo zwischen drin waren wir in einem „Restaurant“ essen, obwohl wir nicht genau wussten, was genau wir bestellt haben war es sehr lecker. Danach weiter auf den riesigen Obst- und Gemüsemarkt. Wir haben uns sogar Kirschen gekauft… das sind hier auf dem Markt die Ersten, die schmackhaft aussehen. Preislich mit sechs Euro pro Kilo konnten wir uns nur ein halbes leisten 😉 So gut wie die von zu Hause waren sie aber nicht!
Bepackt mit Obst und Gemüse wieder zurück zum Mog. Ein erneuter Anruf bei Anton brachte kein Ergebnis, er wollte sich aber nochmal melden.
Wir beschlossen an den See nach Listvianka zu fahren. Das soll ein schönes, touristisches Dorf sein… Oke touristisch zusammen mit schön hätte uns stutzig machen sollen. Nach 80 km waren wir da, ja es ist touristisch… aber nicht wirklich schön. Da hinter dem Dorf Berge ohne befahrbare Wege waren gab es nicht viel Platz. Wir haben uns einen Stellplatz neben der Straße gesucht und hier die nächsten Tage verbracht 🙁 Neben der Straße war gleich der See, hier konnten wir wieder Robben beobachten. Sogar relativ nahe! Wenigsten etwas positives hier. Am Freitag haben wir erfahren, dass die Ersatzteile am Montag oder Dienstag kommen. Also hatten wir noch ein paar Tage Zeit. Ich wollte hier weg. Deshalb haben wir einen auf Google Earth entdeckten Weg Richtung Norden ausprobiert. Unser Kartenmaterial kannte da keinen Weg. Doch es gab tatsächlich einen. Dieser endete allerdings nach 10 km abrupt vor einem mit Ketten verschlossenen Tor, dazu zwei Hunde und ein Wachmann. Aja… war wohl ein Naturschutzgebiet, das nur mit Sondergenehmigung befahren werden darf. Die hatten wir nicht – also umdrehen. Auf dem Rückweg haben wir Himbeersträucher am Wegesrand entdeckt… und Johannisbeeren!
Nach Listvianka wollte ich nicht mehr, also wieder nach Irkutsk. Am Fluss Angara haben wir uns ein schönes Plätzchen gesucht. Stefan hat einen Wellendichtring am rechten hinteren Achsvorgelege gewechselt, da undicht. Ich hab derweil Marmelade gekocht 🙂 dummerweise gibt es hier aber nirgends Gelierzucker zu kaufen. Also muss es auch mit normalem Zucker gehen.
Wir haben jetzt Zeit bis Dienstag. Stefan hat noch ein bisschen gebastelt… da gibt’s aber jetzt auch nichts mehr zu tun. Also Schiffe beobachten und lesen…
Am Dienstag wurden wir wegen der Ersatzteile auf Mittwoch verwiesen und am Mittwoch auf den Donnerstag. Ob das noch was wird bis unsere Aufenthaltserlaubnis endet? Wir schreiben Vadim, dem Unimog-Vertreter aus Moskau, der uns zwei Wochen Lieferzeit fest zugesagt hat. Und wir warten.
Am Donnerstag Abend ruft Anton an und sagt uns, dass die Teile morgen um 15 Uhr da sind. Wir können es noch nicht wirklich glauben. Aber auch Vadim hat uns zeitgleich geschrieben, dass die Teile per Express nach Irkutsk geschickt werden. Bald wissen wir mehr.
Es ist Freitag Nachmittag und die Teile sind tatsächlich angekommen! Supi! Eingebaut können sie die nächsten Tage nicht werden. Wir entschließen uns dafür, erstmal in die Mongolei zu fahren und dann in Ulan Bator eine Werkstatt aufzusuchen.